Lissabon – diesseits des Tejo, Stadt mit Vergangenheit.
Als Gründungsväter von Lissabon werden gerne die Phönizier benannt. Ob sie wirklich eine wesentliche Rolle spielten ist fraglich. Die Ersten dort waren sie nicht. Manche Historiker sehen Cádiz als den ultimativen Aussenposten der Phönizier in Europa und vermuten keine weitere Ausbreitung Richtung Norden nach Portugal oder Galizien. Phönizier kolonialisierten den mediterranen Raum auf dem europäischen und afrikanischen Kontinent. An der Atlantikküste waren sie nicht interessiert. Erst als Julius Cäsar Karthago zerstört hatte, begann die Kolonialisierung an der afrikanischen wie europäischen Atlantikküste.
Unbestritten entwickelten sich Orte wie Barcelona, Alicante oder Cádiz unter der Herrschaft der phönizischen Händler zu ihrer ersten Blüte. Wird jedoch auf den Hügeln dieser Städte, dort wo heute noch Burgen stehen und Quellen plätschern, gegraben, zeigt sich überall das gleiche Bild: Auf den Hügeln aller drei Städte lassen sich Siedlungen der endneolithischen „Glockenbecherkultur“ (rund 2.200 v.Chr.) nachweisen. Dann kamen die Kelten, Goten, Phönizier, Römer, Mauren bis in der Reconquista, in Portugal unter König Alfons III. im 13. Jhd., die iberische Halbinsel wieder christlich wurde. So ging das und nun kommen die Touristen und erobern Lisboa erneut.
Lisboa – ein Schicksal namens Barcelona.
Lissabon, die Stadt des „Lichtes“, wie sie gerne genannt wird, liegt an der mächtigen „Tejo“ Mündung. Dort ist der Tejo kein Fluss mehr, eher ein riesiger See, eine Mischung aus Süss- und Salzwasser, das einen enormen Artenreichtum an Fischen beheimatet. Fast alle landen irgendwann auf den Tellern der Lissabonner. Die Städter sind verrückt nach diesen schmackhaften Fischen, die sie nicht nur gegrillt sondern auch als klassischen gesalzenen Trockenfisch essen und das entweder roh oder aufwändig gekocht. Im „Mercado da Ribeira“ kann der „bacalhau“ vormittags bei den Händlern gekauft werden.
Lisboa ist angesagt. Wenn es dem Sommer zugeht und das Leben in Lisboa immer langsamer wird, bis es in der drückenden Hitze des August fast vollständig zum Erliegen kommt, beginnt die Stadt am Tejo seit einigen Jahren unter den Touristenströmen zu ersticken. Verrückt. Parallelen zu Barcelona zeigen sich. Noch nehmen das die Alteingesessenen locker, freuen sich, dass der Geldregen half Portugal schneller als erwartet aus der Krise zu holen. Doch erster Unmut macht sich breit. Airbnb und Immobilien Spekulanten vertreiben Bewohner aus den angesagten Vierteln „Alfama“ oder dem „Bairro Alto“. Die Preise für eine Café schnellen in die Höhe. Es wird unbezahlbar für den normalen Bürger, der bisher recht gut in seiner Stadt leben konnte. Und mit ihm geht das Flair dieser herrlichen Stadt, das die Touristenmassen so magisch anzieht. Selbstzerstörung in Zeitlupe.
Noch ist der Reisende willkommen. Also auf nach Lisboa! Aber nicht, wenn alle reisen. Am besten vor oder nach der Regenzeit, also November oder Mitte Februar. Dann sind die Touristenströme erträglich, die Quartiere in der Innenstadt bezahlbar. Morgenfrische begrüsst den Besucher. Angenehm, um in den Tag zu starten und diese fantastische Stadt zu Fuss zu erkunden. Die beste Variante, bei der durch die steilen Hügel über den Tag so einige Höhenmeter gemacht werden müssen. Gegen Mittag lässt sich herrlich in der Sonne sitzen. Dann leuchtet die Stadt des Lichtes in der kristallklaren Luft auf und spielt ihren ganzen Charme aus.
Das sympathische Almada – jenseits des Tejo.
Da drüben, gegenüber von Lissabon am Tejo Ufer, das ist kein Stadtteil von Lissabon. Das ist die Stadt und Gemeinde Almada. Im zwanzig Minuten Fähr-Takt ist sie mit Lissabon verbunden. Kaum bekannt, eine Stadt mit viel Geschichte. Wenn auf der iberischen Halbinsel ein „Al“ auftaucht, Alicante, Alhambra oder eben auch Almada, dann hat es so ziemlich sicher etwas mit der maurischen Zeit zu tun. Almada geht auf „al-maden“, arabisch für „Mine“, zurück. Auch im Spanischen findet sich das Wort noch als „almacén“, was heute soviel wie „Lager“ bedeutet. In den Hügeln von Almada schürften Mauren Gold. Ganz sicher aber vor ihnen auch bereits die Römer, denn als sie das Karthagische Reich zerstörten und die iberische Halbinsel in Besitz nahmen, drangen sie in ihrem Hunger nach Metallen bis nach Galizien vor. Dort lagerte das begehrte Eisenerz, das dringend für Waffen benötigt wurde. Aus der Hafenstadt „Ferrol“ in Galizien („ferrum“ lateinisch für Eisen) wurde es nach Rom verschifft. „Felicitas Julia“, so nannten die Römer Lissabon, war über die „Via Herculea“ mit Rom verbunden.
Almada versprüht einen besonderen Charme, auch wenn leider nichts mehr an die maurische und römische Zeit erinnert. Das grosse Erdbeben samt Flutwelle von 1755 leistete ganze Arbeit. Und doch hat diese Stadt ganz besondere Ecken, die vor allem dann sehr eindringlich wirken, wenn vom Touristen gefluteten Lissabon übergesetzt wird. Herrscht am Pier von Cacilhas noch Trubel, dann wird es unweit davon ganz ruhig. Entlang der Piers von Quinta do Almaraz zum Quinta do Arealva versprüht ein Graffiti Freilichtmuseum einen anziehenden morbiden Charme, die grandiose Ponte 25 de Abril immer im Blick. Zwischen der Casa Cerca und dem Muralhas do Castelo de Almada tut sich eine historische Oberstadt auf, die Touristen wenig interessiert. Aus den vielen kleinen „cantinas“ und „padarias“ ziehen verführerische Düfte, frische Wäsche hängt hoch über den Gassen – ja, das ist das echte Portugal. Almada ist eine Gemeinde in der rund 120 tsd. Menschen leben. Viele von ihnen pendeln mit der Fähre hinüber nach Lisboa, um dort beispielsweise in Hotels oder als Carris Fahrer zu arbeiten.
Von Cais Sodré hinüber nach Cacilhas.
Am Cais Sodré, gegenüber des „Mercado da Ribeira“, liegt eines der Terminals des Fährunternehmen „Transtejo“. Von hier aus starten die Fähren über die Tejo Mündung nach Barreiro, Seixal, Montijo und Cacilhas. Es herrscht emsiges Treiben. Pendler am Weg von und zur Arbeit, relativ wenige Touristen, die nehmen lieber die teuren Ausflugsboote. Die Route hinüber nach Cacilhas ist die kürzeste (knapp zwei Kilometer). Daher verkehren auf ihr die alten, langsamen Fähren der Transtejo. Ein Kuriosum: Es handelt sich teils um Fähren, die in den 1970iger von der HADAG AG aus Hamburg St. Pauli ausgemustert und von Transtejo angekauft wurden. Sechs Stück waren es ursprünglich. Eine Fähre wurde mittlerweile verschrottet, eine weitere liegt rostend an Land, aber vier sind immer noch in Betrieb: “Marvila” (Volksdorf), “Mouraria” (Ottensen), “St. Paulus” (St. Pauli), “Trafaria Praia” (Pöseldorf). Wer einen genauen Blick auf den Bug der Schiffe wirft, kann noch den übermalten „HADAG“ Schriftzug erkennen. Die entfernteren Routen werden von Transtejo aber mit modernen Katamaran Fähren bedient.
Es gäbe keine bessere Variante, um nach Cacilhas überzusetzen, als mit den alten HADAG Fähren. Sie stimmen auf den morbiden Charme der verlassenen Piers der Viertel Quinta do Almaraz und Quinta do Arealva ein. Wer es planen kann, sollte am Wochenende am frühen Vormittag von Lisboa aus übersetzen. Wenige Pendler sind dann auf den Schiffen und die Morgensonne setzt die Ponte 25 de Abril herrlich ins rechte Licht. An Deck gehen kann der Fährgast nicht. Macht aber nichts. Auf der Steuerbord Seite im Oberdeck Platz nehmen, das Schiebefenster öffnen und einen traumhaft schönen Ausblick auf die „Golden Gate Bridge“ von Lissabon geniessen. Besser geht es nicht.
Der Tourist in Lissabon sollte sich ein wiederaufladbares Carris Ticket kaufen. Es kostet 50 Cent und kann mit maximal 50,- Euro geladen werden. Zu kaufen gibt es sie in den Metro Stationen am Ticketschalter. Im Besitz dieses Tickets beginnt das Nutzen der vielen Fähren des Tejo richtig Spass zu machen. Eine ganze Woche könnte zwischen den vielen Destinationen hin und her gefahren werden. Bis hinunter an die Strände des Atlantiks nach „Trafaria“ an die „Costa da Caparica“ würde es gehen. Mit dem Ticket ans Drehkreuz des Fährterminals gehen, nach Cacilhas wird 1,50 Euro abgebucht, einsteigen und die Passage geniessen. Vielleicht auch einmal zu Sunset die Fähre besteigen und für wenig Geld Einzigartiges geniessen, wenn über der Tejo Mündung die Sonne versinkt. Lisboa kann aber muss nicht teuer sein.
Alles Graffiti – von Cacilhas über das Quinta do Almaraz zum Quinta do Arealva.
Wer dem Rat folgt und am frühen Vormittag nach Cacilhas übersetzt, dem weht eine angenehme Meeresbriese entgegen, wenn an der Fährmole das Schiff verlassen wird. Allmorgendlich zieht ein thermischer Wind die Tejo Mündung hinauf. Über dem Platz „Largo Alfonso Dinis“ vor dem Terminal, liegt am Wochenende morgens eine entspannte Ruhe. Die Kioske haben noch geschlossen, wenige Menschen sind unterwegs. Unter der Woche ist es hier quirlig: Metro, Bus, Tram Station und Fährmole. Alle wechseln die Verkehrsmittel, dazwischen Autos, Taxis und es wäre nicht Portugal, wenn nicht ein Grossteil jener, die im Trubel unterwegs sind, noch Zeit fänden, einen schnellen Imbiss oder Café zu nehmen. Dafür muss Zeit sein. Die sprichwörtliche Gelassenheit der Portugiesen liegt zum Anfassen in der Luft und den Blick nach Westen gerichtet, auf die verfallenen Piers, lässt im Inneren ein Gefühl wie „Sudarde“ aufkommen. Sudarde, die portugiesische Sehnsucht nach etwas nicht wirklich Fassbarem, das nie in Erfüllung gehen kann und im „Fado“ seinen gesanglichen Ausdruck findet.
Es geht durch das „Quinta do Almaraz“ der frischen, salzigen Meeresbriese entgegen. Schon wenige Meter Richtung Westen wird es einsam. Zwei Kilometer verfallene Piers liegen vor dem Spaziergänger, die Ponte 25 de April immer vor Augen. Das Ziel ist der „Miradouro da Quinta da Arealva“. Dort endet der Weg kurz vor der Hängebrücke. Lisboa liegt mittlerweile in intensivem Licht. Die weisse Kuppel des Pantheon, der „Igreja de Santa Engrácia“, strahlt über den Tejo und über all dem thront das „Castelo de São Jorge“. Was für ein Ausblick! Die Szenerie ist entspannt. Angler, die auf verfallenen Stegen in der Morgensonne das Mittagessen aus dem Tejo holen, Jogger sind unterwegs. Immer wieder tauchen Mountainbiker auf. Am Miradouro da Quinta da Arealva geht es nur noch über Pfade entlang des Tejo weiter, aber die gehen hinunter bis Trafaria an den Atlantik. Eine Tagestour, dann zurück mit der Fähre nach Lissabon. Es überrascht, dass diese Gegend so sicher ist, so, wie Lissabon generell.
Begleitet wird der Spaziergänger zu seiner linken von einem nicht enden wollenden Kunstwerk. Bis zum Ziel ist absolut jede Fassade aufwändig mit Graffiti bemalt. Viele davon vermitteln interessante Botschaften, die kreativ umgesetzt wurden. Immer wieder stehen bleiben und schauen. Lisboa gilt mittlerweile als die Welthauptstadt des Graffiti. Die Stadtverwaltung fördert diese Entwicklung und lenkt sie durch bereitstellen von Flächen. Auf halber Strecke wird das Restaurant „Ponto Final“ erreicht, das im Nirgendwo an einem Steg liegt und gegen Mittag öffnet. Es ist mittlerweile angesagter Treff zu Sonnenuntergang und kein Geheimtipp mehr. Die Location ist speziell, das Restaurant nicht mehr.
Kurz hinter Ponto Final wird ein kleiner, überraschend gepflegter, Park erreicht, von dem der „Elevador Panorâmico da Boca do Vento“ zur „Casa da Cerca“ hinauf führt. Aktuell ist er nicht in Betrieb. Macht nichts, es geht nachher auch gut und aussichtsreich zu Fuss hinauf. Jetzt geht es aber noch entlang der Piers weiter Richtung „Quinta do Arealva“.
Hinter dem Elevador Panorâmico da Boca do Vento beginnt das Quinta do Arealva. Dort liegt auch das „Museu Naval“. Es berichtet über die Blüte der beiden Viertel Quinta do Almaraz und Quinta do Arealva. Sehenswert, aber leider hält es an Sonn- und Montagen geschlossen und hat es offen, ist eine lange Mittagspause angesagt. Unternehmen siedelten sich in den „Quintas“ zur Hochzeit aus zwei Gründen an: Die Logistik und der billige Grund, mit dem niemand wirklich etwas anfangen konnte, da schmal und von steilen Felswänden begrenzt. Die Palette der Unternehmen war breit: Handelsunternehmen, Metallverarbeiter oder auch Fischereibetriebe.
Eines der wenigen grossen Häuser, das noch erhalten ist, das Gebäude der Fischerei Genossenschaft, das nahe des Museu Navl liegt. Fischverarbeitende Betriebe erzeugten im Quinta do Arealva Trockenfisch und Fischkonserven: Die berühmte Ölsardine in der Dose beispielsweise, ein Fettfisch, der u.a. auch reissenden Absatz beim britischen Militär fand. Auch heute lieben die Lissabonner ihre Fischkonserven, die es als wahre Delikatesse in hunderten Varianten in wunderschönen Dosen gibt. Wem das liegt, der sollte die „Conserveira de Lisboa“ besuchen (s.u.).
Auf dem letzten halben Kilometer werden die alten Gebäude am Ufer des Tejo immer verfallener. Besser nicht hineingehen. Bunt sind sie aber trotzdem. Eine interessante Stimmung kommt in dieser einsamen Gegend auf: Wandeln zwischen zwei Welten. Im Quinta do Arealva Endzeitstimmung und dort drüben am anderen Ufer des Tejo, leuchtet die weisse Stadt auf sieben Hügeln wie ein Gemälde auf. Nicht umsonst nennen sie die Portugiesen respektvoll „Rainha do Tejo“. Dem kann zugestimmt werden.
Kurz bevor der Miradouro da Quinta erreicht wird, sind bereits Teile des Piers eingestürzt. Der Spaziergänger sieht tief darunter das Wasser plätschern. Die Ponte 25 de Abril zum Greifen nahe. Lisboa liegt nun schon weit in der Ferne. Dann wird der letzte Steg und der Miradouro da Quinta da Arealva erreicht. Auch hier eine Handvoll Angler. Geht es gegen Mittag, brennen kleine Feuer und der frische Fisch wird an Ort und Stelle gegrillt. Einwenig Pfadfinder Stimmung kann aufkommen. Jugenderinnerungen werden wach. Ein verfallener, wilder Ort, aber schön. Hinsetzen und den Ausblick geniessen. Das gibt es nicht jeden Tag, das ist besonders.
Hinauf zur Casa da Cerca – 100 lohnende Höhenmeter.
Jetzt, wo sich der Ausflügler warm gelaufen hat, kann es hinauf in die Hügel von Almada gehen. Dort oben wartet als erstes die „Casa da Cerca“, ein Kunstmuseum mit botanischem Garten und herrlichem Ausblick. Da der Elevador Panorâmico da Boca do Vento derzeit nicht in Betrieb ist, müssen die etwas mehr als 100 Höhenmeter zu Fuss bewältigt werden. Das sollte aber zu schaffen sein. Am Museu Naval zweigt von den Piers die „Olho de Boi“ ab, die recht steil aufwärts führt. Relativ bald trifft die Strasse auf die „Bergstation“ des Aufzuges, an der sich auch das „Boca do Vento – Cocktail Bar e Tapas“ mit wunderbarer Aussichtsterrasse befindet. Wer Hunger hat, kann dort eine Kleinigkeit essen und trinken und die fantastische Aussicht auf Lissabon fussfrei geniessen.
Unweit der Bar und gut angeschrieben liegt einige Höhenmeter und Strassen weiter die Casa da Cerca, eine imposante herrschaftliche Villa mit grandiosem Blick über die gesamte Tejo Mündung. In ihr ist das Museum „Centro de Arte Contemporânea“ angesiedelt, das zeitgenössische Kunst in Wechselausstellungen zeigt. Wem das nicht liegt, sollte die Casa da Cerca trotzdem besuchen, denn der kleine aber feine botanische Garten ist herrlich. In einem kleinen Pavillon findet sich eine interessante Ausstellung, die erklärt, wie die diversen Pflanzen, die im Garten gedeihen, früher wirtschaftlich genutzt wurden. Im Garten lässt sich vorzüglich ausruhen und träumen, vor allem in der Sommerhitze. Schattig ist es, Brunnen plätschern und mehrer Balkons direkt an den Felswänden, die senkrecht nach Quinta do Arealva abfallen, präsentieren die Ponte 25 de Abril und Lissabon einem Gemälde gleich.
Es verwundert, dass diese sensationelle Aussichtsterrasse nicht völlig überlaufen ist. Der Eintritt ist sogar gratis und eine kleine Patisserie mit duftenden Köstlichkeiten und Café zu sozialen Preisen liegt aussichtsreich im Garten. Mit etwas Glück gibt es als Zugabe auch noch ein Konzert. Der lokale Musikverein trifft sich gerne im Jardim Botânico der Casa da Cerca zu einem halb offiziellen Konzert.
Ein Tipp für Nachtschwärmer: Am Ausgang der Casa da Cerca liegt die „Bar A Cerca“. Sie ist bei den jungen Einheimischen beliebt und spiegelt die Feiergewohnheiten der Städter wieder. Sie öffnet um 22:00 Uhr und hält bis 5:00 Uhr morgens offen. Nur Mittwoch, Donnerstag und Sonntag ist früh Schluss. Da wird schon um 2:00 Uhr geschlossen.
Durch das alte Almada zur „Muralhas do Castelo de Almada“.
Am Vorplatz der Casa da Cerca wächst ein wunderschöner alter Ölbaum, der den Blick hinüber zum „Muralhas do Castelo de Almada“ weisst. Eine Festung, auf den ersten Blick nichts historisches, die irgendwann aufgegeben wurde, als der Krieg in die Lüfte getragen wurde. Da war dann auch das Zeitalter der Festungen vorbei. Das interessante historische liegt aber unter und neben der heutigen Festung auf einem Acker, der auch mit einem recht verwitterten Schild als historische Forschungsstätte gekennzeichnet wurde. Dort oben am Hügel wohnten schon vor gut 2.200 Jahren spät neolithische Siedler, die sich die strategische Lage zu nutzen machten und sich auch, wie auf den Hügeln von Lissabon, mit einer Steinmauer gegen feindliche Angriffe sicherten.
Die letzte grosse Bedeutung hatte die Festung jedoch währen des Unabhängigkeitskrieges 1383, als Kastilien ein eifersüchtiges Auge auf den erfolgreichen Nachbarn geworfen hatte und beschloss einen Versuch zu unternehmen, sich das reiche Lissabon und Almada einzuverleiben. 1384 wurde Almada erfolglos von Kastilien belagert. Ab dem Zeitpunkt lagen sich Kastilien und Portugal in den Haaren. Es wurde permanent gestritten, um das kanarische Archipel, Madeira, die Handelsrouten und mehr und erst nach päpstlicher Bulle (1493) und dem Vertrag von Tordesillas (1494) wurde es harmonischer zwischen den beiden. 1580 kam es sogar zu einer Personalunion zwischen Spanien und Portugal.
Ausser einer Aussichtsterrasse über dem Tejo gibt es am Muralhas do Castelo de Almada nichts zu sehen, da das Castell immer noch militärisches Gebiet ist und nicht betreten werden kann. Trotzdem lohnt es zur Festung hinüber zu spazieren, da durch das ursprünglichen Almada geschlendert wird. Das Castell ist gut in der Ferne zu sehen. Am besten „Freestyle“ und nach Gefühl durch die engen Gassen hinüber wandern, denn es sind nur 500 Meter. So unterwegs, lässt sich immer das eine oder andere Interessante entdecken. Kleine Geschäfte, Cafes, das echte Leben der Einheimischen. Hier wird nicht besichtigt sondern erlebt.
Am Muralhas do Castelo de Almada angekommen, Ausblick geniessen und im ruhigen kleinen Park einwenig faul in der Sonne liegen. Es hält ideale Bänke dafür bereit. Der Gastronomiebetrieb, der mittags öffnet, muss es nicht sein. Vom Park aus lässt sich gut das nächste Ziel ausmachen: Im Westen ragt imposant das Monument „Cristo Rei“ 103 Meter in den Himmel. 1,9 Kilometer und 50 Höhenmeter, die rund eine halbe Stunde in Anspruch nehmen, sind es dort hinüber. Eventuell ist vorher eine kleine Stärkung angesagt.
Hunger! Die Catinas in der Rua Cap. Leitão.
Vom Muralhas do Castelo de Almada hinüber zum „Santuário Nacional de Cristo Rei“ sollte nicht irgendein Weg sondern die Strasse „Rua Cap. Leitão“ genommen werden, die unterhalb des kleinen Parks beginnt. In ihr reiht sich eine kleine Cantina, Bäckerei und Konditorei aneinander, die allesamt von Einheimischen intensiv frequentiert werden. Für unerfahrene Touristen sind die Cantinas in Spanien und Portugal etwas gewöhnungsbedürftig. Oft sind sie ebenerdig in einer Art Garage angesiedelt, haben nur ein Tor, keine Fenster und im Inneren finden sich einfache Tische und Stühle. Das sollte aber nicht unbedingt abschrecken, denn in diesen Cantinas wird oft ganz vorzüglich lokal gekocht und das zu Preisen auf dem Gehaltsniveau der Einheimischen.
Um eine gute Cantina zu finden, bedarf es keines Führers. Es ist ganz einfach: Ist die Cantina am Wochenende brechend voll, oder sitzen an Werktagen zu Mittag dicht gedrängt Handwerker in Arbeitskleidung in der Cantina, dann ist sie empfehlenswert. Ob der persönliche Geschmack in Bezug auf Essen getroffen wird, verrät meist der intensive Geruch, der aus den Cantinas zieht. Fleischliebhaber treffen in der Rua Cap. Leitão beispielsweise auf die „Tasca do Bife“. Auf einem massiven Eisenrost wird über Holzkohle gegrillt und auch der Weinkeller gibt so einiges her. Der Besucher wird überrascht sein, was er in diesem optisch einfachen Ambiente auf den Teller bekommen wird.
Immer dem Kreuz nach! Santuário Nacional de Cristo Rei.
Egal, wo sich der Besucher von Alamada gerade befindet: Das „Santuário Nacional de Cristo Rei“ ist nicht zu verfehlen. Entweder es wird imposant auf dem 113 m hohen Hügel gesichtet, so nicht, findet sich garantiert irgendwo ein Schild, das den Weg weisst. Den Besucher Almadas wird überraschen, dass die Christus Statue mit Fátima und Santiago de Compostela zu den drei wichtigsten Pilgerstädten der iberischen Halbinsel zählt. Wer auf Google Maps seine Impressionen freundlich als Rezession hinterlässt, dem wird mit einem „Gott segne dich!“ gedankt. Das ist schon recht ausgefallen.
Wie könnte es anders sein, wurde der Cristo Rei von Almada vom „Cristo Redentor“ in Rio de Janeiro inspiriert. Es folgte das Übliche wie Gelübde usw. Das muss eben so sein, um diese Bauwerke auch etwas inhaltlich aufzuladen. Am 17. Mai 1959, einem Pfingstsonntag, war es dann soweit: Das Monument wurde mit viel weltlicher und klerikaler Prominenz eingeweiht. Der Papst sandte eine Grussnote. Ab nun konnte mit päpstlichem Segen der Aufzug hinauf auf den Sockel der Statue, der als grosse Aussichtsterrasse ausgeführt wurde, bestiegen werden. Der Besucher wandelt dort oben annähernd 188 m über dem Tejo: 113 m misst der Hügel, 75 m der Sockel der Statue. Annähernd daher, da bei Lisboa die Tejo Mündung noch nicht ganz auf Meeresniveau ist, auch wenn die Gezeiten deutlich zu sehen sind.
Dort oben auf der Plattform in luftiger Höhe geniesst der Besucher einen fulminanten Ausblick über Lissabon, Almada, die Tejo Mündung, das gesamte Umfeld. Beeindruckend der Ausblick und so über allem zu stehen, erzeugt bei vielen Menschen unbegründete herrschaftliche Gelüste. Damit Niemand dem Grössenwahn verfällt, ragt die Christus Statue 28 m minus Körpergrösse über den Besucher hinaus und macht klar, wer das Sagen hat. Mit 28 m ist Christo Rei die siebt höchste Statue ihrer Art.
Sich die Cristo Rei für den letzten Tag in Lissabon aufzuheben, ist nicht die schlechteste Idee. Die Aussicht auf die Rainha do Tejo, diese wahrlich königliche Stadt, ist ein wunderbarer Abschluss einer Reise nach Lissabon. Die besuchten Orte breiten sich vor dem Reisenden aus: Die Tage in der Stadt des Lichtes Revue passieren lassen, einwenig in sich gehen und über das Erlebte nachdenken. Das schadet nie. Innere Einkehr ist nicht den Religionen vorbehalten.
Das Ende einer Ära: Fragata Dom Fernando II e Glória.
Die Fragata Dom Fernando II e Glória gehört als Museumsschiff zum sehenswerten „Museu de Marinha“ drüben im Lissabonner Stadtteil „Belém“ und liegt nahe des Fährterminal der Transtejo Linie im Trockendock. Bevor es zum Sonnenuntergang geht, um den Tag in Almada genussvoll zu beenden, sollte diese Sehenswürdigkeit noch unbedingt mitgenommen werden.
Mit der „Dom Fernando“ endete die Ära der Segelschiffe in der portugiesischen Marine. Sie wurde zwischen 1832 und 1843 in „Kozhikode“, einem Hafen am arabischen Meer, in Portugiesisch-Indien, gebaut. Das Marine Segler kann über alle Decks besichtigt werden und gibt einen spannenden Einblick in das harte Leben der Besatzung. Der Luxus, den sich Kapitän und Offiziere in diesem spartanischen Umfeld gönnten, ist ebenso überraschend.
Sonnenuntergang – Diesseits oder Jenseits des Tejo?
Die Sonnenuntergänge in Lissabon und Almada sind traumhaft schön. 300 Tage Sonnenschein sind eine Garantie dafür, das jeder Reisende, der einige Tage in Lisboa ist, wenigstens einen zu sehen bekommt. Im Hochsommer versinkt die Sonne ziemlich genau in der Mitte der Tejo Mündung im Atlantik. Das ist natürlich besonders spektakulär. Drüben in Lissabon bilden sich an den Standard-Orten wie Torre de Belém, Miradouro da Graça oder dem Castelo de São Jorge fast schon beängstigende Menschenmassen, um den Sonnenuntergang zu geniessen. Schöne Orte aber von Genuss ist da nicht mehr viel.
Vielleicht doch besser auf den Hügeln von Almada den Sonnenuntergang einwenig ruhiger zu geniessen. Der Park des Santuário Nacional de Cristo Rei ist dafür beispielsweise ein ganz wunderbarer Ort, oder auch die kleine Terrasse im Park des Muralhas do Castelo de Almada, auf der es sehr ruhig ist. Der botanische Garten der Casa da Cerca schliesst leider schon um 18:00 Uhr und eignet sich daher nicht. Wer ins Auge fasst, zugegeben ausgefallen und örtlich sehr schön, den Sonnenuntergang im Restaurant Ponto Final zu erleben, der sollte sich in Erinnerung rufen, dass dieser Geheimtipp zu einer Touristenattraktion mutierte. Muss nicht sein.
Wer es besonders ausgefallen liebt und ein Planungstalent ist, kann den Sonnenuntergang auch mitten am Tejo geniessen. Einfach eine passende Fährverbindung suchen und Sunset einmal ganz anders erleben. Oder noch besser auf Entdeckungstour gehen und sein eigenes Sunset Kleinod finden. Von denen gibt es viele in Almada und auch in Lissabon.
Tipps und Links.
Sehenswürdigkeiten
- Museu Naval
- Casa da Cerca
- Santuário Nacional de Cristo Rei
- Fragata Dom Fernando II e Glória
- Museu de Marinha
Sunset Standard Orte Lissabon
Gastronomie
Transport