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Relaxen im Grünen in Lissabon.
Schöne Töchter

Lissabon – entspannen im Grünen.

Ruhe, Schatten, Entspannung – der Hektik entfliehen.

Jardim da Estrela Lissabon.

Jardim da Estrela Lissabon.

„Serenidade“, die Gelassenheit, ist eine der vorzüglichsten Eigenschaften der Portugiesen. Steht wieder einmal in den schmalen Gassen der Alfama ein Auto ohne Fahrer quer über die Schienen und blockiert die legendäre Tram 28E, ist die Reaktion des Carreira Fahrers für den Touristen erstaunlich: Kein Schreien oder Beschimpfen, die Polizei wird auch nicht gerufen. Es wird gebimmelt, wenn der Fahrer meist seelenruhig auftaucht, deutet der „maquinista“ dem Ignoranten mit verzweifelten Gesten, das könne er doch nicht machen. Alle hier müssten wegen ihm warten. Der Autobesitzer quittiert das mit einer ebenso verzweifelten aber gelassenen Geste und hat es nicht eilig, den Motor zu starten. Die Strassen sind eben eng hier, was soll man machen. Autobesitzer und Tram Chauffeur sind sich einig: Das ist eben höhere Gewalt, unumgänglich, niemand kann etwas dafür. Die Einheimischen in der Tram beachten diese Fahrtunterbrechungen ohnedies nicht, weil wenige Minuten später ähnliches passieren wird. Es ist kein Klischee, dem Portugiesen wohnt eine eigene Art der Gelassenheit, Melancholie und der Sehnsucht inne: Die „sudarde“. Etwas nicht Greifbares in der Ferne, das nie in Erfüllung gehen kann. Die portugiesische Art des „Weltschmerzes“, die immer präsent ist. Was ist da schon ein Auto, das die Schienen blockiert.

Touristen Attraktion – Carreira 28E dos Elétricos de Lisboa.

Touristen Attraktion – Carreira 28E dos Elétricos de Lisboa.

Doch mit der Gelassenheit in Lisboa ist es immer mehr vorbei, seitdem sich Touristen über die „Rainha do Tejo“ bürgerlich her machen. Touristen drängeln ungemütlich an den Tram Haltestellen, in der rechten Hand ein Smartphone, in der linken einen Führer, einen vollgepackten Expeditionsrucksack am Rücken, mit dem sie hinter sich gnadenlos alles kurz und klein schlagen. Schnell auch noch ein Selfie und dann unangenehm drängeln. Dabei sollte der gut vorbereitete Reisende doch wissen, dass die Portugiesen, ebenso wie die Briten da drüben, sich gesittet in einer Reihe anstellen, nicht drängelt und auch nicht seitlich überholen. Auch Abstand wird zum Vodermann gehalten und es wird ihm nicht hektisch verschwitzt in den Nacken geschnauft. Die Tram fährt ohnedies erst dann ab, wenn sich alle irgendwie hinein gequetscht haben. Eine unentspannte Stimmung an den Haltestellen liegt in der Luft, die so gar nicht zu Lisboa passt. Auch das permanente Grinsen in die Smartphones, kann dem nicht Portugiesen auf die Nerven gehen. Es scheint, als ob fast alle Touristen ausschliesslich reisen, um ihren Instagram Account zu pflegen. In Zeiten von Social Media wird eben nicht mehr aus purer Freude gereist, sonder um Likes und Follower zu generieren. Eine interessante neue Art sein Leben zu verschwenden.

William Golding mahnte einst seine Gattin: „Heute haben wir wieder viel fotografiert und wenig gesehen.“

Leider muss das alles auch der kultivierte Reisende ertragen, denn Lisboa ist zu fantastisch, um es nicht erlebt zuhaben. Wo kann der geschundene, nicht Instagram und facebook teilnehmende Tourist, seine Nerven regenerieren? Früher einmal waren es die traumhaften „Miradouros“ über der Stadt. Nun herrscht dort aber Volksfeststimmung. Doch es gibt sie noch die Orte der Ruhe mit kleinen Kiosken. Es sind die schönen Gärten von Lissabon, denn die interessieren die Touristen interessanter Weise kaum. Und die kleinen versteckten Plätze, die nicht in den üblichen Führern gelistet sind, bieten sich auch an, die Seele einwenig baumeln zu lassen. Sechs Orte der Ruhe, abseits des Trubels, werden hier empfohlen. Touristen besichtigen, Reisende erleben, das ist der feine Unterschied.

Sonnenuntergang am Miradouro da Graça über Lissabon.

Sonnenuntergang am Miradouro da Graça über Lissabon.

Jardim da Torre de Belém.

Im touristischen Epizentrum von Belém, dem Bermudadreieck aus Torre de Belém, Mosteiro dos Jerónimos und Pastéis de Belém, liegt ein kleiner Park direkt am Torre, der Jardim da Torre de Belém. Eine weit auslaufende sehr gepflegte Liegewiese mit einem wunderbaren alten Baumbestand lädt zum Erholen ein. Die Bäume tragen breite Kronen und spenden in der drückenden Sommerhitze erholsamen Schatten. Da Hunde auf Grünflächen in Lisboa tabu sind, was durchwegs auch eingehalten wird, besteht auch keine Gefahr, seinen Kopf in einer Tretmine wieder zu finden. Interessanter Weise ist die schöne Liegewiese mit grandiosem Blick auf den Torre de Belém und Tejo zumeist spärlich besucht. Touristen haben keine Zeit sich dort faul in die Wiese zu legen. Besichtigungs-Programme müssen abgearbeitet, Zeitpläne eingehalten werden. Es heisst im Innenhof des Mosteiro dos Jerónimos Selfies schiessen und danach in der langen Schlange des Pastéis de Belém auf ein Törtchen aus Massenproduktion zu warten. Schliesslich will der Tourist das ganze Programm. Zum Spass ist er nicht in Lisboa.

Eine gute Idee ist sich zu Sonnenuntergang mit einer guten Flasche Wein und einem kleinen Imbiss auf der Wiese niederzulassen und die Stimmung zu geniessen. Wenn es dann soweit ist, dass der Feuerball in der Tejo Mündung versinkt, heisst es jedoch an den Pier gehen und das finale Schauspiel dort zu erleben. An den Kanonen des Piers, gegenüber dem Café do Forte, treffen sich zu Sunset gerne junge Leute. Eine angenehme Stimmung herrscht. Entspannt wird das Ende eines Tages in Lissabon zelebriert. Wer danach jedoch Lust bekommt eine Bar der jungen Generation zu besuchen, kann sich mit der Metro oder Fähre hinüber nach Almada aufmachen. Die Bar de Cerca hält meist bis 5:00 Uhr Früh offen.

  • Beste Zeit: Nachmittags und zu Sonnenuntergang
  • Erreichbarkeit: Ab Praça do Comércio am schönsten mit der Tram 15E
  • Gastronomie: Café do Forte
  • Eintritt: Gratis

Jardim Botânico Tropical.

Der Jardim Botânico Tropical erstrahlt in neuem Glanz und wurde erst Mitte Februar 2020 wieder eröffnet. Weil das nicht alle wissen und so manch einer vom Eintrittspreis abgeschreckt wird, ist es ruhig im Park. Das ist schön. Ein guter Teil der Touristenmassen bemerkt den Jardim gar nicht, obwohl er direkt oberhalb der Endstation Belém der Linie 15E und der Warteschlange des Pastéis de Belém liegt. ¡Viva España! vertrauen, er ist jeden Euro Wert. Betreten wird er über eine „Prachtstrasse“, die von mächtigen Palmen flankiert wird. Ins Innere vordringend, wird es immer lauschiger, verwinkelter, Brunnen plätschern, Gänse und Pfauen laufen umher, Statuen, schattige Bänke und dann am Ende taucht der Jardim Oriental auf, ein fernöstlicher Garten mit Brücken und Bänken. Kaffee und Kakao wächst dort, es riecht phantastisch, ein Kleinod und Balsam für die Seele. Der ganze Tag könnte im Jardim Botânico Tropical verbracht werden, im Schatten oder der Sonne, wo auch immer der Besucher mag. Einen Kiosk gibt es nicht, aber für ein Picknick ist der Park geradezu ideal. „Betreten verboten“ Schilder werden vergebens gesucht. Bis an die Ufer der Teiche kann spaziert werden und dort, wo es gefällt, kann sich der Naturliebhaber niederlassen.

  • Beste Zeit: Nachmittags, dann steht das Licht am schönsten
  • Erreichbarkeit: Ab Praça do Comércio am schönsten und aussichtsreichsten mit der Tram 15E
  • Gastronomie: Im Park keine
  • Eintritt: Erwachsene € 5,-; Familien Karte € 12,50

Jardim da Estrela.

Der Jardim da Estrela liegt gegenüber der Basílica da Estrela. Nur wenige Touristen finden die Zeit, die fast 5 Hektar des Jardim zu geniessen. Das ist ein Fehler. Wenn schaffen sie es maximal bis zum BANANACAFE gleich am Eingang. Auch nicht schlecht, denn dort lässt sich unerwartet gut frühstücken, ein kleines Mittagessen einnehmen oder einfach nur einen sehr guten Café trinken. Doch Ambitionierte sollten Zeit für den Park mitbringen.

Schon die Anfahrt mit der Tram vom Praça do Comércio ist ein Erlebnis. Kurvig und steil geht es den Hügel hinauf. Direkt an der Haltestelle geht es in den Park. Teiche, Gänse, Pfauen laufen frei herum, Liegewiesen, lauschige Ecken, in denen Statuen prominenten Besuchern des Parks gewidmet sind. Je weiter es zur Mitte des Parks geht, desto weniger wird auf Touristen gestossen. Studenten liegen auf den Wiesen und lesen, Pensionisten sitzen auf den Bänken. In der Mitte des Parks taucht auf einem kleinen Platz einen Kiosk auf, der dort 1938 seinen Platz fand. Im Winter ist er geschlossen aber im Sommer mutiert er zu einer kleinen Bibliothek mit Café, Getränken und vielen Sesseln. Am Kiosk trifft sich gerne das Literatur interessierte Publikum von Lisboa und einst war es angesagter Treffpunkt der Literaten Lissabons.

Ganz am anderen Ende des Parks liegt der gut frequentierte Kiosk Gengibre da Estrela. Er ist fest in der Hand der Bewohner des Viertels. Soweit schaffen es wenige Besucher von Lissabon. Ein Versäumnis. Der Jardim da Estrela ist einfach herrlich: Entspanntes urbanes Flair! Auf der Wiese liegen, einen Café trinken oder auch um dort zu essen, ein wunderbarer Ort. Es muss nicht das Standard Programm Törtchen mit Fado Begleitung sein.

  • Beste Zeit: Gesamter Tag
  • Erreichbarkeit: Ab Praça do Comércio am schönsten und aussichtsreichsten mit der Tram 25E oder 28E
  • Gastronomie: Kiosk Gengibre da Estrela, Kiosk BANANACAFE
  • Eintritt: Gratis

Jardim Botânico de Lisboa.

Neben dem Museu Nacional de História Natural e da Ciência liegt der Jardim Botânico de Lisboa. Er gehört zum Museum und jedes kann für sich oder mit einem Kombiticket besucht werden. Der Jardim Botânico wurde an einem Westhang angelegt und ist nach Norden und Süden offen. Nachmittags ist er daher kein gutes Ziel. Aber am frühen Vormittag, wenn sich die Sonne über dem ihm gegenüber liegenden Miradouro da Graça erhoben hat, ist die Lichtstimmung im Park ganz wunderbar. Gleich nach dem Frühstück sollte er am Programm stehen. Der Park präsentiert sich üppig zugewachsen. Er könnte auch ungepflegt bezeichnet werden und auch die Wege und Treppen sind nicht mehr im besten Zustand. Wer hier herkommt, um botanische Wunder zu entdecken, der wird enttäuscht werden. Doch der Park hat etwas. Er versprüht, da einwenig herunter gekommen, einen morbiden Charme und lockt daher auch nicht allzu viele Besucher an. Nichts für den Botaniker aber schön für jene, die gerne in einem dichten Urwald bei Vogelgezwitscher schattig sitzen, um das Spiel der Sonne zu beobachten, wie es mal hier mal da durch die Blätter bricht. Lesen, entspannen, nachdenken, Musik hören oder zweisam den Vormittag liederlich verleben. Dafür ist der Park genau richtig. Kein Laut dringt vom geschäftigen Jardim do Príncipe Real und den vielen Cafes, Kiosken, Restaurants und Touristen Geschäften herüber. Einige werden vom Park enttäuscht sein, andere werden ihn lieben. Kommt darauf an, was gesucht wird.

  • Beste Zeit: Vormittags
  • Erreichbarkeit: Ab Praça do Comércio Bus 711, 758
  • Gastronomie: Drei Kioske gegenüber im Park Jardim do Príncipe Real
  • Eintritt: Erwachsene € 3,-

Jardim Fialho de Almeida.

Über den Jardim Fialho de Almeida stolpert der Tourist meist aus Zufall, wenn er beschliesst, aus dem Bairro Alto hinunter zum angesagten Doca do Espanhol zu spazieren, um dort Abend zu essen. Übrigens ein äusserst schöner Spaziergang. Die Docks liegen direkt neben der „Golden Gate Bridge“ von Lisboa, der Ponte 25 de Abril. Der Jardim Fialho de Almeida gleicht einem Dorfplatz mit Dorfbrunnen, einem schönen Bestand aus alten Bäumen mit mächtigen Kronen und vielen Bänken. Auf seiner Westseite lädt ein Kiosk, der den schönen Namen „Quiosque do Refresco – Praça das Flores“ trägt, zum Verweilen, Plaudern, Cafétrinken. Praça das Flores heisst der kleine Platz, in dem der Park liegt. Gesäumt wird er rund herum von Gastronomie, die sich aber vorwiegend an Touristen wendet. Lieber den Quiosque besuchen. Dort treffen sich die Bewohner der Umgebung zum Tratschen und Zeitunglesen.

  • Beste Zeit: Ganztägig, besonders mittags
  • Erreichbarkeit: Am schönsten ab Praça do Comércio Tram 28E, dann kleiner Spaziergang durch lauschige Gassen. Touristen besteigen die 28E, wie in den Führern vorgeschrieben, in die andere Richtung. Daher ist immer ein Platz zu bekommen.
  • Gastronomie: Quiosque do Refresco – Praça das Flores sowie viele um den Park liegende Cafés Restaurants
  • Eintritt: Gratis

Jardim Botânico O Chão das Artes.

Almada jenseits des Tejo, das ist kein Stadtteil von Lisboa, wie viele meinen. Es ist eine Stadt und Gemeinde mit über 170 tsd. Einwohner und viel Geschichte. Obwohl nicht Lissabon, soll der Jardim Botânico O Chão das Artes hier seinen gebührenden Platz finden. Der Besuch des Jardim kann zu einem entspannten Ausflug inszeniert werden: Von Cais Sodré mit der Fähre bei grandiosem Blick auf die Ponte 25 de Abril übersetzen, dann entlang der verlassenen Piers von Arialva zum Museo Naval schlendern, 100 Höhenmeter zur Casa da Cerca hinauf nehmen. Dort liegt der Jardim Botânico O Chão das Artes. In der Casa da Cerca befindet sich das Museum für zeitgenössische Kunst. Das kann noch mitgenommen werden, wenn gerade wieder eine Ausstellung stattfindet.

Das Ziel ist aber der Park, denn der ist zwar klein aber besonders schön. Wiesen, auf denen die Bewohner von Almada gerne am Wochenende sitzen. Der Musikverein gibt Sonntagskonzerte in einer kleinen Freiluftarena. Wasser plätschert. Dort lässt sich vortrefflich entspannen. Und damit das nicht langweilig wird, bietet der Jardim Botânico O Chão das Artes zwei grandiose Aussichtsterrassen. Vor ihnen breitet sich das gesamte Lissabon aus, die Tejo Mündung, die Ponte 25 de Abril. Phantastisch! Und als wenn das nicht genug wäre, lockt auch noch die Patisserie Coisas Degostar mit sündig Süssem. Nein, es muss nicht, den Reiseführern folgend, an der Pastéis de Belém in langen Schlangen angestanden werden. Hier ist es genauso gut, individueller, nicht touristisch, preiswerter und herzlicher auch noch. Wer der Masse nachläuft, bekommt eben Massenware. Nachtschwärmern, die in urigen Bars gerne Livemusik hören, sei noch die Bar A Cerca am Parkeingang empfohlen. Sie öffnet erst um 22:00 Uhr hält dafür meist bis 5:00 Uhr früh, mindestens bis 2:00 Uhr, offen.

Tipp + Links.

LESETIPP: Jenseits von Lissabon: Über den Tejo nach Almada.

Jardim da Torre de Belém

 

Jardim Botânico Tropical

 

Jardim Botânico de Lisboa

 

Jardim Fialho de Almeida

 

Jardim Botânico O Chão das Artes

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