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Jamón Ibérico de Bellota – das beste Schweinefleisch der Welt!

Von den Berghängen Andalusiens und der Extremadura.

Als Vegetarier hat man es in Spanien nicht leicht. Gemeinhin ist dem Spanier nicht näher zu bringen, warum er kein Fleisch essen sollte. Das stösst bei ihm auf grösstes Unverständnis. Er kann darin keine Logik erkennen. Weder ist es strafbar noch schadet es seinem Seelenheil. Spanier haben ein noch deutlich engeres Verhältnis zu Lebensmittel, deren Herkunft und Produktion, als der gemeine Deutsche und essen durchaus gerne Dinge, die noch nach Tier aussehen oder so schmecken wie z.B. Jamón Ibérico de Bellota.

Mit Schweinefleisch von der deutschen Supermarkttheke, das mittlerweile völlig geschmacksneutral gezüchtet wurde und dem man nur noch mit einer Glutamatbombe einen aufdringlichen Geschmack einhauchen kann, ist der Spanier nicht zu locken. Er mag es urtümlich. Keinesfalls würde er auch aus gesundheitlichen Gründen auf ordentlich Meersalz verzichten. Er liebt zum Beispiel seinen Schinken vom iberischen Schwein. Lebensmittel stehen leider bei Deutschen nicht so hoch im Kurs wie Autos und so gibt man sich mit vielem essenstechnisch zufrieden, „Denn leider ist das Schweinefleisch aus deutschen Landen größtenteils eine erbärmliche und im internationalen Vergleich höchst peinliche Angelegenheit. Es ist trocken, zäh, oft wässrig-blass, schmeckt nach nichts und ist eigentlich nur eines: billig.“ schreibt Robert Lücke in der Welt vom 03.10.2015 und bringt damit die deutsche Misere auf den Punkt. Für das Auto nur das beste Benzin mit der höchsten Oktanzahl koste es was es wolle, den eigenen Körper betreibt man gerne auch mit “billig Sprit” minderer Qualität. Wer soll das verstehen.

Das ist die Geschichte des Jamón Ibérico de Bellota, dem wohl edelsten vom Schwein, das man weltweit zu essen bekommt. Es ist etwas für Genussmenschen, für Menschen, deren Zunge noch gewöhnt ist, echte Lebensmittel zu schmecken und zu schätzen. Die Gewürze schätzen, um den Geschmack eines Lebensmittels besser auf die Zunge zu befördern und nicht, um geschmackloses zum Leben zu erwecken.

Jamón Ibérico de Bellota – Das iberische Schwein und die Eichelmast.

"Pata negra" – das iberische Schwein mit dem "scharzen Haxen".

Pata negra – das iberische Schwein mit dem “scharzen Haxen” (istock).

Das iberische Schwein hat eine lange Geschichte. Es ist im Südwesten Spaniens bis hinauf nach Portugal heimisch und wurde ursprünglich von römischen Söldnern in der Extremadura gezüchtet. Zu dieser Zeit war es üblich, Schweine zur Mast in die Wälder zu treiben, damit sie Eicheln, Bucheckern und Kastanien frassen. Das war nicht nur in Spanien sondern überall in Europa so. Der Wald wurde zu dieser Zeit in Weideertrag bewertet, wieviele Schweine er denn mästen könne. Das Wort „Mast“ stand zu dieser Zeit für die Früchte der Buchen, Eichen und Kastanien. Gebräuchlich war auch der Begriff „Schmalzweide“, weil die energiereichen Früchte den ansonsten schlanken Schweinen Fett auf die Rippen brachte.

Der Zugang zum Wald war daher wertvoll und streng reglementiert. Es gab genaue Regeln wer, wann und wieviele Schweine in den Wald treiben durfte. Was dort gefressen wurde, hatte enormen Einfluss auf den späteren Geschmack und Qualität des Schinkens. Besonders begehrt war die Mast mit Eicheln, die dem Schinken einen nussigen Geschmack verleiht. Ein positiver Nebeneffekt dieser Weidewirtschaft im Wald war, dass so die schnellwachsende Rotbuche die wertvollen Eichen nicht verdrängen konnte. Der Wald war licht, eine Weide unter Bäumen.

Das iberische Schwein – kleiner und flinker als das Hausschwein und schon von römischen Legionären in der Extremadura gezüchtet.

Das iberische Schwein – kleiner und flinker als das Hausschwein und schon von römischen Legionären in der Extremadura gezüchtet.

Das Schwein blieb zu dieser Zeit halbwild, denn auf der Weide im Wald wurde es häufig von Wildscheinen gedeckt. Daher war es kleiner und flinker, mit langen Beinen und deutlich fettärmer als das heutige Hausschwein, das erst Anfang des 20. Jahrhunderts in seiner heutigen Form entstand. Das echte iberische Schwein, aus dem der beste Jamón Ibérico de Bellota entsteht, hat sich diese Form bewahrt und lebt immer noch sein ganzes Leben halbwild in Eichenwäldern. Es ist schwarz, wie eben Wildschweine, was ihm den Namen Pata negra „Schwarzhaxe“ einbrachte.

In der Umgangssprache wird auch der edle iberische Schinken daher nach wie vor als Pata negra bezeichnet, auch wenn Jamón Ibérico de Bellota der offizielle Qualitätsbegriff wäre. Um beim iberischen Schinken normierte Qualitätsstandards einzuführen, darf sich Jamón Ibérico de Bellota nur noch jener Schinken nennen, der von freilaufenden Schweinen stammt, die sich von den Eicheln der Stein- oder Korkeiche und Kräutern ernähren. Das führt zu dem edlen, unverwechselbaren und begehrten feinen Geschmack, der natürlich massgeblich von der Qualität des Reifeprozesses mit beeinflusst wird. Selbst in Geschäften renommierter Bodegas in Salamanca, wird Ihnen aber der stolze Geschäftsinhaber den Pata negra anbieten und nicht den Jamón Ibérico de Bellota. Eine Bodega, die erstklassigen Pata negra erzeugt und reift steht in Spanien um nichts dem Image eines hervorragenden Weingutes nach!

Das Reifen des Jamón Ibérico de Bellota.

Nach der Schlachtung wird der „Pata“ oder „Haxen“ herausgelöst und bis auf knapp über Null Grad abgekühlt. Dann wird ihm über die Arterie komplett das Blut entzogen und die gesamte Haxe einige Tage in Meersalz gelagert. Nach dieser Lagerung erfolgt bei niedrigen Temperaturen und hoher Luftfeuchte das erste Abhängen, das knapp zwei Monate dauert. In dieser Zeit dringt das Salz tief in das Fleisch ein, es verliert an Feuchtigkeit, eine feste Konsistenz entsteht. Der Wasserverlust ist ein wesentliches Qualitätskriterium bei der Schinkenproduktion.

Nun erfolgt das sogenannte Schwitzen des Schinkens. Die Temperatur wird über rund vier Monate auf ca. 34 Grad angehoben, die Luftfeuchte gesenkt und die Fette und Proteine beginnen sich durch diesen Temperaturanstieg umzuwandeln und zu verbinden. Komplexe biochemische Prozesse laufen in dieser Phase ab, die geschmacksbestimmend sind. Temperatur ist der ausschlagende Faktor bei der Umwandlung von Proteinen und Fetten, daher kochen und grillen wir auch. Fett von Fleisch karamellisiert oder Eiklar wandelt sich in Eiweiss um.

Jamón Ibérico de Bellota – kulinarischer Hochgenuss exklusiver Art.

Jamón Ibérico de Bellota – kulinarischer Hochgenuss exklusiver Art (istock).

Nach diesen rund sechs Monaten ist die Umwandlung der Proteine und Fette abgeschlossen und es kann die Reifephase beginnen, die beim besten Jamón Ibérico de Bellota noch einmal bis zu zweieinhalb Jahren dauern kann. Auch hier laufen umfangreiche biochemische Prozesse ab, die das Fleisch des Schweines verändern, zart und mürbe machen und die Geschmacksnote mitbestimmen. Die exklusivsten Reifekeller liegen nach wie vor an den Berghängen Andalusiens. In der kühl, feuchten Bergluft reift der Schinken traditionell zu besonderem Genuss, ohne Klimaanlage und Computersteuerung und Kenner schwören auf diesen Reifeschritt. Schinken, dem dieser Luxus nicht zu teil wird, reift in klimatisierten und computergesteuerten Reifehallen. Das muss nicht schlechter sein. Viele Faktoren spielen mit und nachdem es sich um ein Naturprodukt handelt, wird auch jeder „Pata negra“ anders schmecken.

Sollten Sie sich dazu hinreissen lassen, einen gesamten Haxen Pata negra zu kaufen, was durchaus kein Fehler ist, können sie an der oberen Schwarte sehen, wann mit der Verarbeitung des Schinkens begonnen wurde. Vor dem Einsalzen wird dort Hersteller und Datum eingebrannt. Das beim gesamten Prozess höchste Hygienestandards einzuhalten sind, die in Spanien von der „Sanidad“ auch streng und erbarmungslos kontrolliert werden, ist selbstverständlich.

Übrigens besteigen Sie in Andalusien einen Inlandsflug werden sie feststellen, dass es durchaus normal ist, sich bei der Bodega seines Vertrauens mit einem ganzen Pata negra oder auch zwei einzudecken. Fluggäste besteigen mit ihm unter dem Arm das Flugzeug und legen ihn, wie andere ihren Laptop, in das Überkopf-Gepäckfach ohne erstaunte Blicke auf sich zu ziehen. Spanien ist anders – definitiv.

Jamón Ibérico de Bellota – geniessen.

Jamón Ibérico de Bellota – der Könner schneidet es so hauchdünn, dass es auf der Zunge zergeht.

Jamón Ibérico de Bellota – der Könner schneidet es so hauchdünn, dass es auf der Zunge zergeht.

Pata negra geniest man hauchdünn. Der Könner schneidet ihn so dünn, dass man das Messer durchscheinen sieht. Dann entfacht er seinen vollen, nussigen Geschmack auf der Zunge, dazu einwenig Weissbrot und einen guten Tropfen Rioja. Alles andere stört den Geschmack und Genuss. In der Modegastronomie in Deutschland ist der Jamón Ibérico de Bellota nun auch angekommen. Es ist üblich ihn in allen möglichen “kreativen” Varianten “aufzumotzen”. Jamón Ibérico de Bellota – Pata negra ist das beste Schweinefleisch der Welt. Es muss puristisch genossen werden, ohne Ablenkung, modischem Getue, mit Stil und Klasse ohne Schnörkel.

 

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