Die Papas arrugadas zu deutsch die Schrumpelkartoffeln, sind aus der kanarischen Küche nicht wegzudenken und werden keineswegs wie in Deutschland als Sättigungsbeilage betrachtet. Sie werden zwar auch zu gebratenem Fisch, Schweinelände und anderen beliebten spanischen Hauptgerichten serviert, werden aber mit verschiedenen Salsas, dem Mojo canario als Tapas oder als „Racíon“, das ist ein ganzer Teller voll, als Delikatesse gegessen.
Denn die echten Papas arrugadas sind in der Tat eine Spezialität. Sie werden aus den herkunftsgeschützten Sorten den Papas Antiguas de Canarias, die ihren Ursprung in den Anden haben, gekocht. Lediglich 3% des gesamten kanarischen Kartoffelanbaus trägt dieses Herkunftsprädikat wie die Papa negra, die schwarze Kartoffel, die als die teuerste und wohlschmeckendste gilt. Mit einem Durchmesser von 1 bis 8 cm ist sie recht klein. In normalen Touristenlokalen bekommt der Gast preiswerte Kartoffeln aus Großbritannien aufgetischt, die zwar auch arrugada runzelig sind, das hat aber mit der Zubereitungsmethode und nicht mit der Art der Kartoffel zu tun, wie viele meinen.
Wenn Sie also nicht einfach billige britische Kartoffeln essen wollen, sondern wirklich eine Delikatesse wie die Papa negra, haben Sie zwei Möglichkeiten: Fragen Sie bei Einheimischen nach, welche Bar oder Restaurant echte Papas Antiguas serviert. Das muss kein schickes Lokal sein sondern kann eine einfache Bar in einem Fischerhafen sein. Erwarten Sie auch nicht, dass die Papas arrugadas so preiswert sind, wie in Touristenlokalen, die mit ihnen locken, denn Sie bestellen eine Delikatesse. Oder sie gehen auf die Wochenmärkte, die es überall auf den Kanaren gibt. Sie müssen kein Fachmann sein, um echte Papas Antiguas de Canarias zu erkennen. Sie sehen ganz anders aus als Kartoffeln, die sie sonst kennen: Violett, mit tiefen Augen, oder auch schwarz.
Die Geschichte der Papas arrugadas.
Die kanarischen Inseln galten als Tor zu „Neuspanien“, zur „neuen Welt“ und zwar nicht nur wirtschaftlich sondern auch kulturelle, auch wenn eigentlich Sevilla das Handelsmonopol hatte. Das ignorierte man einfach – Madrid war weit weg – die Streitereien nahm man kanarisch gelassen und ignorierte sie. Viele Menschen wanderten in schweren Zeiten nach Lateinamerika aus und ebenso, wenn es „dort drüben“ schwer war, kamen Lateinamerikaner auf die Kanaren. Das erklärt die engen kulturellen Verstrickungen, die vielen lateinamerikanischen Wörter im kanarischen Spanisch, die kreolischen Einflüsse in der Küche, Musik, die teils spanisch untypische Freizügigkeit und mehr.
Im Zuge dieses Austausches kamen im 16. Jahrhundert die Tuberosum und Chaucha, zwei Kartoffelsorten aus den Anden, auf die kanarischen Inseln und wurden dort schnell, in klimatisch ähnlichem Umfeld, erfolgreich angebaut. Sie entwickelten sich neben dem traditionellen kanarischem Gofio, geröstetes Gerstenmehl, zur wichtigen Nahrungsquelle und Exportprodukt nach Europa. Da aus den Anden stammend, fanden die Kartoffelsorten vor allem in den Höhenlagen Teneriffas und Gran Canarias hervorragende Bedingungen vor. Aus ihnen wurden über 400 Jahre hinweg verschiedenste Sorten der Papas Antiguas de Canarias entwickelt, an die jeweiligen klimatischen Bedingungen der Inseln, auf denen sie angebaut wurden und den geschmacklichen Vorlieben der Bewohner, angepasst.
Die Papas Antiguas de Canarias sind kein „Cash Crop“, kein als grosse Monokultur geeignetes landwirtschaftliches Produkt wie Tomaten oder Mais und wurde so zunehmend verdrängt. Da sie auch nicht wie moderne Kartoffeln rein auf Produktivität gezüchtet wurden, aus einer Papas Antiguas de Canarias lassen sich rund 10 neue Kartoffeln ziehen aus modernen Sorten das dreifache, verlor sie an Bedeutung und macht heute nur noch 3% der kanarischen Kartoffelproduktion aus. Derzeit erlebt sie jedoch eine Renaissance, da vor allem der Tourismus immer stärker auf regionale Produkte von hoher Qualität setzt. Zudem fördern die Inselverwaltungen zunehmend die Landwirtschaft, stellen Genossenschaften Maschinen und mehr und so sieht man überall am kanarischen Archipel Gavias, die treppenförmigen Felder an den Berghängen, die wieder bewirtschaftet und zu neuem Leben erweckt werden. Auch landschaftlich ein schönes Bild.
Zubereitung der Papas arrrugadas.
Warum sind eigentlich die Papas arrugadas so zerknittert und schrumpelig? Das ist leicht erklärt. Es kommt von der besonderen Art der Zubereitung, denn sie wird nicht einfach nur in Salzwasser gekocht. Und so wird es gemacht.
- Nehmen Sie 1 Kg echte Papas Antiguas de Canarias und bürsten sie ordentlich unter fliessendem Wasser sauber. Die Schale bleibt dran.
- Legen Sie die Kartoffeln zusammen mit 1/4 Kg Meersalz in einen Topf.
- Füllen Sie soviel Wasser ein, bis alle Kartoffeln gerade bedeckt sind.
- Dann geben Sie einen Deckel auf den Topf, bringen das Wasser zum kochen und sieden die Kartoffeln bei reduzierter Hitze 15 – 20 Minuten. Zwischen Topf und Deckel wird ein zusammengefaltetes Küchentuch gelegt, dass der Wasserdampf langsam entweichen kann.
- Beginnt die Haut der Kartoffeln zu „schrumpeln“, giessen sie das Wasser komplett ab.
- Erhitzen Sie die Kartoffel weiter, bis alles Wasser verdampft ist.
- Haben die Kartoffeln einen schönen weissen, salzigen Überzug, sind sie fertig.
„Gesundheitsbewusste“ wird die enorme Menge an Salz schockieren, denn Salz ist ja angeblich die Blutdruck- und Gesundheitssünde schlechthin. Das hat sich mittlerweile aber als Irrtum herausgestellt. Ganz im Gegenteil, salzarme Ernährung steigert das Gesundheitsrisiko in einigen Bereichen enorm. Zweifler können das in den renommierten Cochran Studien nachlesen.
Papas arrugadas – nie ohne Mojo!
Zur Delikatesse werden die traditionell gekochten Papas arrugadas erst mit dem richtigen Mojo, eine spezielle kanarische Salsa. Sie ist auf den Kanaren so wichtig, dass jede traditionelle Tapas Bar, Restaurant oder Familie die auf sich hält, ihre ganz speziellen Rezepte für die ihrer Ansicht nach perfekte Zubereitung von Mojo hat. Die Rezepte werden geheim gehalten und von Generation zu Generation weiter gegeben. Und in der Tat, ein gutes, hausgemachtes Mojo schmeckt überall anders. Wer sich damit beschäftigt wird feststellen, dass der Geschmack mehr oder weniger säuerlich ist, extrem scharf oder milder, besonderen Geschmacksnoten durch seltene Gewürze erzielt werden und auch die Konsistenz sehr verschieden sein kann: Sehr cremig, flüssiger, weicher auf der Zunge. Im Kühlschrank hält sich ein echter Mojo ganz ohne chemische Stabilisatoren abgedeckt Monate.
Prinzipiell gibt es zwei Hauptrichtungen von Mojo, den Mojo verde, also den grünen und den Mojo rojo, den roten. Der Mojo verde erhält seine Farbe und eigentümlichen Geschmack durch den hohen Anteil an Petersilie und Koriander. Er wird traditionell zu Fischgerichten serviert. Der Mojo rojo erhält seine rote Farbe aus den feurigen Zutaten, die ihn scharf bis kreolisch scharf machen und trägt daher auch den Namen Mojo picón. Er wird traditionell zu Gofio Speisen oder eben den Papas arrugadas serviert. Weil es wohl optisch nett aussieht, hat sich im touristischen Bereich durchgesetzt, zu den (britischen unechten) Papas arrugadas in zwei Schälchen grünen und roten Mojo zu servieren. Klassisch und vom Geschmack her hat aber Mojo verde bei Papas arrugadas nichts zu suchen. Wenn sie Ihre Kartfollen so serviert bekommen bestätigt man Ihnen: Sie sind in einer Touristenfalle gelandet. Auch sollte der „Mojo“ nicht einfach vorab über die Papas arrugadas gekippt werden. Das macht es für den Service einfacher, sieht aber weder schön aus noch ist es dem Genuss zuträglich. Mojo wird traditionell beigestellt und zwar kühl serviert.
Mojo picón – Rezept für zu Hause.
Es wird wohl tausende unterschiedliche Mojo picón Rezepte geben, jeder schwört auf eine andere Zusammensetzung, aber folgend eine gute Basis, um in dem Thema Fuss zu fassen und vielleicht selber zu beginnen mit Zutaten und Konsistenz zu experimentieren.
- 4 Knoblauch Knollen, geschält
- 1 rote, ausgeputzte Chilli-Schote
- 1/2 Teelöffel Kümmel
- 1/2 Teelöffel roten Paprika
- 1/2 Teelöffel erstklassiger roter Weinessig
- 2 Teelöffel kaltgepresstes Olivenöl
- 1/4 Teelöffel grobkörniges Meersalz
Den Knoblauch zusammen mit dem Kümmel, Chilli und Meersalz in einen Mörser geben und intensiv solange verarbeiten, bis eine konsistente, schöne Paste entstanden ist. Das kann einiges an Kraft und Zeit in Anspruch nehmen. Nun Paprika dazugeben und einarbeiten. Danach beginnt man nach und nach Weinessig und Olivenöl dazu zu geben und das Ganze zu einer schönen Paste zu verarbeiten. Gefällt Ihnen die Konsistenz nicht, dann geben sie kein Wasser hinzu, dann müssen sie die Mengen der Zugaben anpassen. Das Ergebnis Ihrer Arbeit sollte ein schmackhafter Mojo picón sein, den sie lange Zeit im Kühlschrank aufbewahren könnten, nur eigentlich ist er zum Essen gedacht!
Als Aperitif oder Digestif vor oder nach einem guten Essen, trink der Kanario übrigens gerne einen Ron miel, einen Honig Rum, ein milder etwas mehr als 20%iger Likör, gerne auch mit einer kalten Sahnehaube. Aber das ist ein anderes kulinarisches Thema.