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Traumstrassen Spaniens – die GC-210 auf Gran Canaria.

Spanien – Sehnsuchtsland für Road-trip Fans.

Spanien ein Land, das 50% mehr Fläche als Deutschland misst, aber nur rund halb so viele Einwohner beheimatet. Seine Bewohner konzentrieren sich hauptsächlich in Grossstädten. Das Land einsam und weit von atemberaubender Schönheit und Vielfalt. Skifahren in den Bergen der Sierra Nevada oder sonnen an subtropischen weissen Sandstränden: Das alles ist in diesem grandiosen Land möglich. Und daher zieht Spanien auch so viele Menschen magisch an, auch wenn ihre Interessen ganz unterschiedlich sind.

Die Weite, Einsamkeit und der Variantenreichtum der Landschaft, liess ganz einzigartige Strassen entstehen, die Handelszentren verbanden. Stammen alle wesentlichen Städte am Mittelmeer und einige an der südlichen Atlantikküste von den Phöniziern, ob Barcelona oder Cadíz, waren es die Römer die begannen diese Zentren mit Strassen, die allesamt nach Rom führten, zu verbinden. Waren Phönizier reine Seefahrer und Händler und gründeten Handelszentren, waren Römer die Meister des Strassenbaus und durchzogen die iberische Halbinsel mit einem Verkehrsnetz, das heute noch die Hauptverkehrsadern abbildet. Kupfer und Gold wurde aus Ostspanien nach Rom geschafft, Eisen aus Galizien, Wolle aus Aragon, landwirtschaftliche Produkte aus Andalusien und der Extremadura. Spanien war eine Schatzkammer für das römische Reich.

Heute sind alte Römerstrassen Traumstrassen der Welt. Durch die endlosen Weiten Andalusiens oder spektakulär durch die Sierra Nevada, durch die Pyrenäen oder entlang der Atlantikküste. Auch die Kanaren warten mit Traumstrassen auf. Vor allem auch Gran Canaria, mit seinen wildromantischen Küstenstrasse. Da ist die GC-200, die als die gefährlichste Strasse Spaniens gilt, auf welcher der Autofahrer rund 400 Kurven nehmen muss, bis er von Mogán nach Puerto de las Nieves gelangt. Oder die GC-210, die wild und schmal durch imposante Täler West- und Nordküste verbindet. Auf dieser ist der Autor auf einer Tages-Rundreise unterwegs.

Zur richtigen Zeit am richtigen Ort starten – von Puerto de las Nieves nach Puerto de la Aldea.

Teile der Route führen durch die Relikte einer geologisch chaotischen Zeit der Insel Gran Canaria, die Westküste. Vor 100 mio Jahren formte Lava eine wilde Steilküste, die wiederum teilweise in sich zusammen stürzte oder in den Atlantik abbrach. So entstand der „Risco Faneque“, mit 1027 m die 7. höchste Klippe weltweit. Um dieses wild profilierte Gelände und seine Dramatik richtig erleben zu können, sollte rund zwei Stunden nach Sonnenaufgang in „Puerto de las Nieves“ auf der GC-200 gestartet werden. Dann ist die Sonne hoch genug und fällt in flachem Streiflicht über die Küste und erweckt ihre Formen zum Leben.

Ist die Westküste über die GC-200 passiert und Puerto del la Aldea erreicht, geht es weiter in die steilen und engen Täler der GC-210. Die Sonne steht mittlerweile hoch genug, um die engen Schluchten auszuleuchten. Auch wird rechtzeitig das Plateau um die Wallfahrtskirche „La Candelaria“ erreicht, um zu erleben, wie der Nordost Passat Wolken über die Bergkette östlich des Guanchen Kultberges „Roque Nublo“ treibt.

Hinauf zu den Stauseen – von La Aldea de San Nicolas nach Vega de Acusa.

Bei La Aldea de San Nicolas wird die GC-200 verlassen und auf die GC-210 abgebogen. Durch das kleine Städtchen, dahinter, wenn es in das Tal des „Barranco de la Aldea“ geht, kommt oft das Gefühl auf, sich verfahren zu haben. Die Strasse wird einspurig und wirkt mehr wie ein asphaltierter Feldweg. Ab nun geht es einspurig zu den Stauseen hinauf. Nur Ausweichstellen bieten Platz, entgegenkommenden Verkehr auszuweichen. Wer wie vorgeschlagen früh unterwegs ist, wird kaum ein anderes Auto auf dieser einsamen Strasse treffen.

Die Felsflanken des „Barranco de la Aldea“ werden von kanarischem Cardon geschmückt, eine giftige Wolfsmilchart. Tief unten im Barranco überall kanarische Palme, denn auch im Hochsommer fliesst dort ausreichend Wasser. Wird der „Barranco de los Juncos“ erreicht, wird es so richtig eng, steil und spektakulär. Dass es vor gar nicht so langer Zeit ab dort nur noch zu Fuss weiter ging, darauf weisst schon seine Name hin: „junco“ für „Spazierstock“. Die GC-210 schlängelt sich immer enger und wilder die Felsflanken aufwärts. Schilder mahnen vorsichtig zu fahren. Noch sechs enge Kehren, welche die letzten 40 Höhenmeter nehmen und das Tal öffnet sich zu einem weiten Hochtal, in dem auf den ersten Stausee, den „Embalse de la Niña“, auf 200 m Seehöhe getroffen wird. Flankiert wird er von zwei mächtigen Erhebungen, dem Vulkankessel „Calderon de la Niña“ und dem „Montaña de Pino Gordo“, also der Berg der „fetten Kiefer“, der sich auf rund 900 m auftürmt. Seine 700 m hohen mächtigen Flanken spiegeln sich im intensiv grünen, mineralischen Wasser.

Weiter geht es vorbei am Stausee, die Strasse in die steilen Felsflanken gegraben. Teils sind kurze Tunnel für den Bau notwendig gewesen. Am Stausee „Presa de la Parralillo“ zweigt nach Süden die GC-606 ab, die atemberaubend in die Felsflanke trassiert wurde. Sie führt direkt zum „Roque Nublo“. Nun steil aufwärts über die GC-210 bis der Aussichtspunkt „Mirrador del Molino“, der Aussichtspunkt der Mühle, auf recht exakt 500 m Seehöhe erreicht wird. Dort sollte eine Pause eingelegt werden. Ein spektakulärer Ausblick auf den „Roque Nublo“, den Stausee „Presa de la Parralillo“, der 160 Höhenmeter unterhalb liegt und die GC-606 warten auf den Besucher.

Über die wieder sehr enge GC-210 geht es vom Aussichtspunkt Richtung „Vega de Acusa“. Davor wird „Acusa Verde“, das grüne Acusa, erreicht. Alte Felshäuser, halb Höhle halb Haus, tauchen auf. Wasser plätschert aus Quellen. Alles ist grün. In den steilen Hängen Gavias, in denen üppig Landwirtschaft betrieben wird. Ein idyllischer Ort. Wer anhält wird von einem flauschigen Hund freudig begrüsst, der seine Streicheleinheiten abholen möchte.

Schliesslich wird die Wallfahrtskirche „La Candelaria“, Mariä Lichtmess, erreicht. Sie basiert auf einer alten Ermita von Franziskaner Mönchen aus Galdár. Auf Anordnung des Bischofs Fernando Vázquez de Arce wurde die ursprüngliche Ermita im Jahr 1514, 1515 zur Missionierung der Guanchen erbaut, die dort oben recht schwer erreichbar und isoliert von den spanischen Eroberern lebten. Die heutige Kirche „La Candelaria“ stammt aus 1703. Schwer zugänglich war das Inselinnere in früheren Zeiten. Auf der Hochebene, die bei den Guanchen als „Guadamesteme“ bezeichnet, später im spanischen auf „Gomestén“ umbenannt wurde, befand sich Kulturland der Ureinwohner. An der Felsflanke der Hochebene liegt die alte Guanchen Siedlung „Acusa Seca“.

Wer auf die südliche Anhöhe gegenüber „La Candelaria“ steigt, dort wo ein Steinmander errichtet wurde und meist Schafe weiden, steht exakt über der Klippe der Guanchen Siedlung „Acusa Seca“. Nach Süden öffnet sich ein herrlicher Blick auf den „Roque Nublo“. Wer etwas Glück hat sieht, wie über den Bergkamm, der östlich des „Roque Nublo“ liegt, der Nordost Passat Wolken treibt, die gleich einem Wasserfall langsam die Hänger herunter fallen und sich durch die Erwärmung wieder auflösen. Grosses Kino.

Felsburg der Guanchen – Acusa Seca erwandern.

Unterhalb der kleinen Hochebene von „La Candelaria“ befindet sich in den steilen Felsflanken eine alte Guanchen Festung. Die Ureinwohner nutzten den weichen Lavatuff, um Höhlen in ihn zu graben. Die einzelnen Höhlen sind im Inneren des Berges mit Gängen verbunden. Eine massive vorspringende Klippe diente als uneinnehmbarer Getreidespeicher. Generell war diese Felsburg kaum zu erobern, lebten doch die Guanchen noch im 16. Jhd. in einer reinen Steinzeitkultur und besassen keinerlei Fernwaffen, ausser geschärfter Steine, die sie von Hand warfen.

Im Gegensatz zu vielen griechischen Erzählungen und Romanen der Romantik, waren die Kanaren keineswegs die Insel der „Glückseeligen“, auf denen alle Menschen friedlich zusammen lebten. Stammeskämpfe waren an der Tagesordnung und herrschten Hungersnöte, schlug man sich gegenseitig den Kopf ein, um an Nahrung zu kommen. Kleinere Stämme lebten daher auch sicher in Felsburgen. Oft wurden Stammesfehden durch die jeweiligen Anführer ausgetragen, da sich kein Stamm leisten konnte, zu viele Menschen zu verlieren. Aus diesem Grund wurde das Stammesoberhaupt von der Gemeinschaft gewählt und war nicht erblichen Ursprungs. Der beste, stärkste und tapferste Krieger wurde gekrönt. Er musste kämpfen, dafür war er von der Arbeit befreit. Überlebte ein Stammesfürst eine Auseinandersetzung sieglos, musste er sich in einen Barranco stürzen wie beispielsweise Bentejuí, der 1483 in den Barranco Atis Tirma in den Tod sprang. Ohne Sieg war der Tod auf jeden Fall gewiss. Das motivierte im Kampf. Auch waren rituelle Hinrichtungen, bei denen knienden Opfern mit einer Steinaxt die Schädeldecke eingeschlagen wurde, üblich.

In „Acusa Seca“ erhält der Geschichts- und Kulturinteressierte die Möglichkeit, in eine der Lebensweisen der Guanchen einzutauchen. Über einen Wanderweg kann die Felswand, in der das Höhlensystem angelegt wurde, erkundet werden. Wer mag stundenlang. „Acusa Seca“ liegt südseitig und windgeschützt, weshalb es zu jeder Jahreszeit schweisstreibend warm wird. Je nach Wagemut können die Höhlen auch erklettert und begangen werden. Weder ist das verboten noch sind sie abgesperrt. Die Lage aber so, dass kaum jemand in Versuchung gerät. Im Inneren finden sich auch bildliche Darstellungen, die in die Wände geritzt wurden. Meist Menschen, Tiere und einzelne Buchstaben der alten nordafrikanischen Berbersprache. Aus diesem Gebiet stammten die Guanchen ursprünglich. „Guanche“ steht in der alten Sprache der Ureinwohner übrigens einfach für „Mensch“.

Wer mehr über das Guanchen Volk lernen möchte, sollte das „El Museo Canario“ in Las Palmas und das „Museo y Parque Arqueológico Cueva Pintada“ in Galdár nicht versäumen. Teile von „Acusa Seca“ sind noch bewohnt. Einige dieser Felshäuser lassen sich auch offiziell als „Vv“ Ferienunterkunft mieten.

Durch grandiose Täler zur Küste – von Acua Seca via Las Hoyas nach Agaete und Pueto de las Nieves.

Nach der Besichtigung von „Acusa Seca“ wird noch ein kurzes Stück der GC-210 gefolgt und von dieser dann an der grossen Kreuzung GC-210 und GC-216 auf die GC-217 in das herrliche Naturschutzgebiet „Tamadaba“ steil hinab abgebogen. Ein grossflächiges Areal aus kanarischer Kiefer, die mit ihren grossen buschigen Nadeln die Feuchtigkeit aus der Nachfeuchte filtert. Idyllisch geht es auf einer Strasse, die mehr einem Feldweg gleicht, in ein üppig bewachsenes Tal. Ein Paradies für Birdwatcher, denn dort brüten Zugvögel. In der Brutzeit die Geräuschkulisse einem tropischen Palmenhaus gleich. Feuchtschwül wird es. Dann öffnet sich das kleine Tal etwas und der Stausee „Presa de Las Hoyas“ und die kleine Siedlung „Las Hoyas“ tauchen auf. Tief grün ist der Stausee und sehr fischreich. Am Wochenende säumen Canarios das Ufer und gehen einer ihrer Lieblingsbeschäftigungen nach, dem Angeln.

Die Strasse windet sich entlang des „Presa de Las Hoyas“ und weiter an den Stauseen „Presa de Lugarejos“ und „Presa de Los Perez“, bis sich recht unerwartet ein grandioses Tal, der „Barranco del Sao“ (Schlucht der Steinlinde), öffnet, das hunderte Meter tief von steilen Felsflanken gesäumt Richtung Nordwest abfällt. Ein spektakulärer Aussichtspunkt, der „Lugar Juncalillo“, der auf einem Geländevorsprung auf 1080 m liegt, bietet einen fantastischen Ausblick über die Schlucht. Nur Kenner finden ihn. Er liegt in einer Kehre. Zwei Autos finden am Seitenstreifen Platz. Dann geht es durch etwas Gestrüpp auf die natürliche Aussichtsplattform. Er sollte nicht verpasst werden (Koordinaten s.u.), denn die Szenerie ist vereinnahmend schön.

Weiter geht es bis die kleine kurvige Strasse in die grössere GC-220 einmündet. Sie verläuft über einen weit auslaufenden Bergrücken, der östlich vom „Barranco del Caidero“ und westlich vom „Barranco del Chirino “ flankiert wird. Steil kurvig geht es vom Bergrücken, der auf rund 1000 m Seehöhe liegt, hinunter nach „San Isidro de Gáldar“ auf 100 m Seehöhe. Der Ort immer während der Fahrt vor Augen. Besonders schön im warmen Nachmittagslicht. Die letzte Häuseransammlung „Buena Vista“ erreichend, bietet sich ein besonders schöner Ausblick auf „San Isidro de Gáldar“. Zeit für ein Foto, wenn ein Abstellplatz für das Auto gefunden werden kann.

Ankunft in Agaete.

Vor „San Isidro de Gáldar“ sollte auf die alte GC-293 nach Agaete abgebogen werden, die im Kreisverkehr vor der Schnellstrasse, leicht zu übersehen, linker Hand abzweigt. Das ist landschaftlich schöner als über die neue GC-2. Agaete wird im warmen Nachmittagslicht erreicht. Am Hauptplatz bietet sich das empfehlenswerte „Café & Bar Los Berrazales“ an, um die Rundreise Revue passieren zu lassen und einwenig auszuruhen. Auch schmackhafte kanarische Gerichte werden zu günstigen Preisen angeboten. Wem es noch mehr nach Erkundung steht, der könnte sich den äusserst schönen botanischen Garten „Huerto de las Flores“ oder die alte Guanchen Siedlung „Maipés Parque Arqueológico“ ansehen. Zur alten Guanchen Siedlung führt von Agaete die GC-231, eine wildromantische Strasse, die sich fotogen durch das “El Valle” von Agaete auf 650 m Seehöhe hinauf schraubt, bis die Strasse bei “El Sao” endet. Am Weg dorthin laden Aussichtspunkte ein, schöne Blicke auf die Schlucht von Agaete zu geniessen, deren Gavias von der abendlichen Sonne profiliert ein schönes Fotomotiv abgeben. Vor den Häuser von “El Sao” und schon über dem Stausee „Presa de las Terras de Manuel“ ist Schluss für normale Autos. Ab da geht es extrem steil per 4×4 zu einigen Fincas hinauf, was nur Anwohnern erlaubt ist. Am Wendeplatz der GC-231 werden hoch oben in den Felswänden, in schwindelerregender Höhe, Häuser entdeckt und man wundert sich, wie diese wohl erreicht werden. Das ist “El Hornillo” und die “Ermita San Teresita”, die über eine Stichstrasse von der GC-217 zu erreichen ist. Von “El Sao” führt nur ein alter Lastenweg hinauf zu den landwirtschaftlichen Terrassen von “El Hornillo”, der nun als Wanderweg Sendero S-97 markiert ist. Schwindelerregend aber breit und unschwer zu gehen jedoch ziemlich schweisstreibend führt er hinauf zur Wallfahrtskapelle und zum Refugio und weiter zum Staudamm “Presa de los Pérez”. Traumhaft schön, wild und aussichtsreich ist der Sendero und für ambitionierte Wanderer auf Gran Canaria ein Muss.

Noch schnell ein Abstecher ins wildromantische “El Valle”.

Am Weg tief hinein ins “El Valle”, bevor die GC-231 endgültig zu einer schmalen, einspurigen Strasse wird und die Buslinie 102 an einer Caritas Reha, der „Casa Esperanza“, ihre Endstation erreicht, wird auf einige baufällige Gebäude gestossen, die immer noch den Glanz und Schick alter Zeiten versprühen: Das „Balneario Los Berrazales“, die „Botteleria Agua de Agaete“ und das Hotel „Princesa Guyarmina“. Alles stammt aus den 1930iger Jahren als es vor allem bei Briten schick war, zur Kur nach Gran Canaria zu fahren. Auch der Playa de las Canteras boomte zu jener Zeit. Das Heilbad, „Balneario“, liegt im „Barranco Los Berrazales“, ein Seitenarm des „El Valle“, der von einer der wichtigsten Heilquellen Gran Canarias gespeist wird. Die historische Fassung der stark fluorhaltigen Quelle ist noch rund 150 Höhenmeter über dem Hotel im Wald zu finden, dort wo der Barranco seinen Ursprung als schmale Schlucht hat. In den 1930igern begann die Medizin zu entdecken, welche wichtige Bedeutung Fluor für den menschlichen Körper hat. Das mündete darinnen, das 1945 in den US Grossstädten begonnen wurde Trinkwasser zu fluorieren, ein Trend der über Gross Britannien nach Europa kam und in Deutschland als erstes in der DDR eingeführt wurde. Das Wasser im „Barranco Los Berrazales“ bot sich als Heilwasser an und so wurde es nicht nur im “Balneario” genutzt, sondern auch in der „Botteleria Agua de Agaete“ in Flaschen abgefüllt. Über der „Botteleria“ und dem „Balneario“ liegt das einstige Hotel erster Kategorie „Princesa Guyarmina“, benannt nach einer Ureinwohner „Fürstin“. Dort residierte der britische Geldadel feudal, nachdem es seine Kuren im Bad absolviert hatte. Das Haus wurde gerade teilweise entkernt und wird neu aufgebaut, die Fassade bleibt bestehen. Eine Revitalisierung des gesamten Gebäude Ensemble wäre ein kulturelles Schmuckstück in dieser landschaftlich so reizvolle Ecke von Gran Canaria.

Zurück in Agaete sind es nur noch einige Minuten nach „Puerto de las Nieves“. Unzählige Fischrestaurants bieten sich an, den Tag bei Fangfrischem aus dem Meer und einem herrlichen Sonnenuntergang im Hafen ausklingen zu lassen. Dort finden sich ebenfalls zwei empfehlenswerte Möglichkeiten zu übernachten. Für den schmalen Geldbeutel das „El Cabo“, wer sich mehr leisen will könnte das „Cordial Roca Negra Resort & Spa“ wählen. Beide sind in ihrer Kategorie ein sicherer und guter Tipp, bei dem der Gast nicht enttäuscht werden wird.

Für Entdeckungshungrige: Zwei Abstecher nahe des Presa de los Pérez.

Jeder Mensch reist aus einem anderen Grund. Einige von ihnen sind von der Lust Dinge zu entdecken angetrieben und halten es keine halbe Stunde auf einer Sonnenliege aus. Auch für jene ist Gran Canaria ein Paradies, denn im Landesinneren findet sich eine versteckte kleine Bergstrasse nach der anderen, die noch nicht einmal eine Provinz-Strassen Kennung besitzt. Kleinode verstecken sich dort, fernab der normalen Touristenrouten. Spektakuläre Ausblicke in atemberaubende Täler eröffnen sich, es wird auf eigenwillige aber genauso offene und freundliche Menschen getroffen. Wer all das auslässt, so er Gran Canaria besucht, versäumt viel.

Gleich nachdem der Staudamm „Presa de los Pérez“ nordöstlich passiert ist, trifft der Reisende auf genau zwei solche Strassen. Eine zweigt nördlich, steil abwärts in Richtung „El Valle“ und Agaete ab, die andere östlich hinauf Richtung Montañón Negro. Wer Zeit hat und entdeckungslustige ist, sollte die Strassen erkunden. Beide sind von ausgesprochener landschaftlicher Schönheit, spektakulär in die Felsflanken gebaut. Das Naturerlebnis unterscheidet sich vormittags und nachmittags ganz massiv. Wer am frühen Vormittag unterwegs ist, wird meist in einem Meer aus Passatwolken stehen, das der Nordost Passat über die Bergkämme treibt. Spektakulär! Nebelfetzen, immer wieder tun sich stahlblaue Löcher auf an jenen Stellen, an denen die immer stärker werdende Sonne die ersten Wolkenfetzen auflösen konnte. Das Naturspektakel, das der Passatwind dem Besucher vormittags filmreif bietet, wird von einer lieblichen und idyllischen Nachmittagsstimmung abgelöst. Dann fällt das weiche Licht der tiefen Sonne vor allem ins „El Valle“ ein, umspült die wilden Klippen des Tals, profiliert es und zeichnet seine grandiose Schönheit in die Landschaft, welche die Blicke auf sich zieht und nicht los lässt. Der Staudamm „Presa de los Pérez“ wurde übrigens 1934, wie alle Staudämme in dieser Zeit auf den kanarischen Inseln, rein von Hand und 70 Bauarbeitern ohne Maschinen errichtet. In Zeiten der spanischen Militärdiktatur liess erst das Riviera dann das Franco Regime unzählige Staudämme auf den Kanaren errichten. Diese meist kühnen Bauwerke heissen nicht wie im Spanischen üblich „embalse“ sondern „presa“. „presa“ bedeutet gefangen oder als „preso“ Gefangener und soll vermitteln, dass das Wasser in den wilden Schluchten „eingefangen“ wird.

Die kleine Strasse östlich hinunter Richtung „El Valle“ ist eine Sackgasse. Sie führt nach „El Hornillo“, für Herd oder kleiner Ofen und zur „Ermita San Teresita“, der Kapelle der heiligen kleinen Theresa. Für den Flachländer wird die Strasse etwas Überwindung kosten, denn es geht steil abwärts, eng, eine Mischung aus Teer und Schotter und wer nicht ganz schwindelfrei ist, sollte auch nicht über den Strassenrand hinausschauen. Denn da geht es hunderte Meter in den „Barranco del Sao“ und ins „El Valle“ hinunter. Also heisst es langsam und mit Bedacht fahren. Bei starkem Regen ist die Strasse zu meiden. Dann ist ohne Allrad kein Hochkommen mehr. Ist die „Ermita San Teresita“ erreicht, befindet sich der Besucher auf einer grandiosen Aussichtsterrasse, die ihresgleichen sucht. Hoch über dem „El Valle“ wird das fantastische Tal überblickt. In der Ferne liegt Agaete und die GC-231, die nach „El Sao“ führt. Ihre gewagte Bauweise wird von „El Hornillo“ eindrucksvoll eingesehen. Wandermarkierungen weisen von der Ermita den Weg nach „El Sao“. Ein spektakulärer Wanderweg führt ins Tal, der Jahrhunderte alt ist und als Lastenweg genutzt wurde. Auch den könnte man sich merken, denn er ist von einzigartiger Schönheit. Erstaunt wird der Besucher über die vielen bewirtschafteten Gartenterrassen sein, die bis an die steil abfallenden Klippen angelegt sind und über die vielen noch bewohnten Felshäuser. Der Ermita ist auch das „Refugio El Hornillo“ angegliedert, das dem Wandere offen steht und auch eine nette Bar betreibt. Blitz sauber bietet es auch erstaunlichen Komfort in dieser Abgeschiedenheit und der Wanderer findet ein gutes Bett und eine heisse Dusche. Wanderer die einige Tage auf Tour gehen, sollten sich das Refugio notieren. Der Tagesgast kann auf der Terrasse schön und lauschig unter Bäumen sitzen, den Ausblick geniessen und sich mit Schmackhaftem günstig verwöhnen lassen.

Wer den Abzweig nach Westen nimmt, trifft auf eine kleine aufwärts führende Strasse, die in die GC-220 mündet. Eine Variante, welche die oben vorgeschlagene Runde noch etwas erweitert und verschönert. Eine spektakuläre kleine Strasse schlängelt sich immer aufwärts entlang der Bergflanken des „Barranco Hondo de Abajo“, bis schliesslich die Kapelle „Santuario Cueva de La Virgen de Fátima“ erreicht wird, eine Kapelle in einer Felshöhle. An ihrer Seite liegen alte Felshäuser, die noch im 20. Jahrhundert bewohnt wurden. Viele solcher Häuser werden noch heute genutzt und können auch als „Casas Rurales“ von Unerschrockenen gemietet werden. Die Behausungen neben der Kapelle können besucht werden und so erhält der Entdeckungsreisende einen Eindruckt, wie Menschen Jahrhunderte lebten. Gewöhnungsbedürftig das Innere, kühl, feucht und dunkel. Eine Wohnform, die von den Ureinwohnern übernommen wurde. Wer die Kapelle im Frühling besucht trifft mit etwas Glück auf ein Blütenmeer der Passionsfrucht, granadillos, welche die Felswände umranken. Das Ganze wird von einem netten älteren Herren „bewacht“ und man freut sich, wenn der Besucher ein paar Euro dalässt. Der ältere Herr sehr gesprächig, der viel zu berichten weiss, so sein doch etwas schwieriges kanarisches Spanisch verstanden wird. Bevor der Ort verlassen wird, sollte noch ein Blick auf die gegenüberliegende Talseite geworfen werden. Dort liegt das “Paisaje Cultural del Risco Caído y los Espacios Sagrados de Montaña de Gran Canaria”, eine alte Felsburg der Ureinwohner, die 2017 zum UNESCO Weltkulturerbe erklärt wurde Auch sie kann über einen markierten „sendero“ erwandert werden.

Weiter aufwärts wird schliesslich der Ort „Juncalillo“ mit der der Ermita de Guzmán erreicht. Die Kirche ist dem heiligen „Domingo de Guzmán Garcés“ geweiht, dem Gründer des Dominikaner Ordens. Folglich findet am Tag des Heiligen am 8. August auch die alljährliche Fiesta von „Juncalillo“ statt. Der Heilige Dominikus ist übrigens einer der wenigen Heiligen, der sich im kirchlichen Kalender der katholischen, anglikanischen und evangelisch-lutherischen Kirche findet. Der Ort selbst hat nicht viel zu bieten. Ein Rundgang lädt ein alte Dreschplätze zu besuchen und etwas über die Getreideproduktion auf der Insel nach der Conquista zu lernen. Alles nicht sonderlich aufregend. Nachdem „Juncalillo“ verlassen ist, wird alsbald auf die GC-220 getroffen, die zurück nach Agaete führt und somit die oben vorgeschlagene Tour als Variante mit weiteren Höhepunkten schliesst.

Route.

  • Von Puerto de las Nieves über die GC-200 nach La Aldea.
  • Von La Aldea de San Nicolas über die GC-210 nach Vega de Acusa.
  • Von Acusa Seca über die GC-210 und GC-217 nach Las Hoyas.
  • Weiter über die GC-220 und GC-293 nach Agaeta.
  • Alternativ über die GC-231 ein Abstecher in den Barranco de Agaete.
  • Über die GC-220 zurück nach Puerto de las Nieves.

Links.

 

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