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Reise

Längengrad Null – die Meridian Insel El Hierro.

Das Ende der antiken Welt im Westen – der Zero Meridiano El Hierro.

Im Weltbild der Antike galten die Kanarischen Inseln als das Ende der Welt im Westen. Pharao Necao II (* 610 v. Chr. – † 595 v. Chr.) war wohl der erste Mensch, der das Kanarische Archipel mit einer Expedition erreichte und betrat. Es folgte ihm der Phönizier Hanno der Seefahrer um 450 v. Chr. Niemand wusste, was weiter westlich lag. Alte Kartenwerke illustrieren diese Ungewissheit, die Angst machte, mit Seeungeheuern. Claudius Ptolemäus legte zur Kartografierung seines Weltbildes den Nullmeridian, also den Längengrad Null, durch das kanarische Archipel und zwar dessen westlichsten Punkt. Das ist der Punta de Orchilla auf El Hierro.

Anflug El Hierro – die Nachbarinsel La Palma.

Anflug El Hierro – die Nachbarinsel La Palma.

Das war völlig willkürlich, denn der Zero Meridiano könnte überall liegen. Woher Ptolemäus seine sehr präzisen Daten hatte, ist nicht bekannt. Da er wahrscheinlich in Ptolemais Hermeiou, Ägypten geboren wurde und in Alexandria starb, waren ihm wohl die Aufzeichnungen der Expedition des Pharao Necao II, eventuell auch des Phöniziers Hanno, der sehr detaillierte Reiseberichte anfertigte, zugänglich. Das scheint am schlüssigsten zu sein. Die Berichte von Hanno sind übrigens eine wichtige Primärquelle für des mehrbändige Werk „Naturalis historia“ von Plinius dem Älteren (Gaius Plinius Secundus Maior – * 23 o. 24 n. Chr., Novum Comum (Como) – † 25.8.79, Stabai, Golf von Neapel).

Airport El Hierro.

Airport El Hierro.

Der Nullmeridian – eine Sache der Definition.

Der Nullmeridian könnte überall liegen, denn er ist ein willkürlicher „Eichpunkt“, um unter anderem Kartenwerke und deren Daten zu normen, für die Navigation vergleichbar zu machen. Der Nullmeridian könnte beispielsweise auch durch die Lage des berühmtesten Wirtshauses der Welt, dem Hofbräuhaus in München, definiert werden, wenn das die Industrienationen dieser Welt fabelhaft fänden.

Der Längengrad „Null“ ergibt sich nicht aus einer gewissen Zwecklogik, der Breitengrad Null schon. Dieser wird sinnvoller Weise, denn für jeden leicht „messbar“, dort definiert, wo die Sonne im Zenit in einem Winkel von 90 Grad zum Betrachter steht. Rammt man einen einfachen geraden Stab exakt im rechten Winkel in den Boden und wirft dieser zu Mittag keinen Schatten mehr, weiss der Beobachter: Ja, ich bin am Breitengrad Null angekommen. Sehr praktisch und preiswert zu messen.

Den Längengrad zu messen, besonders auf hoher See ohne bekannten Bezugspunkt, ist hingegen eine sehr komplexe Angelegenheit. Die Sache schien so verzwickt, dass das Empire einst einen Forschungspreis zur Erarbeitung einer praktikablen Methode ausschrieb. Die Lösung war eine absolut präzise Uhr, ein Winkelmesser und ein astronomischer Almanach. Der Knackpunkt war ersteres – die Uhr. Ein Zeitmesser, der auch bei starkem Seegang über Monate auf die Zehntelsekunde exakt die Bezugszeit des Almanachs anzeigte. „Bedienen“ sollte man das auch alles können. Auch heute noch Lehrgegenstand, um ein Schiffspatent für die “Grosse Fahrt” zu erwerben.

Winkelmesser: Sextant zur Bestimmung der Sonnenhöhe (© CC U.S. Navy)

Winkelmesser: Sextant zur Bestimmung der Sonnenhöhe (© CC U.S. Navy)

Der Breitengrad Null ist die Äquatorial Linie. Sie ist die Schnittlinie der Äquatorial Ebene mit der Erdkugel. Der Nullmeridian hingegen, als willkürlicher Bezugspunkt, ist eine gewisse Image Sache. Die „Grande Nation“ Frankreich legte den Nullmeridian durch Paris. Der Pariser Nullmeridian war Referenz für alle französischen Kartenwerke und so haben auch heute noch, erstaunlicher Weise, einige US amerikanischen Karten Paris als Bezugspunkt. Ein Relikt der Kolonialzeit. Die Briten wiederum legten den Nullmeridian durch die Sternwarte von Greenwich. Arabische Astronomen definierten als „Null“ die Westspitze Afrikas, revidierten diese Entscheidung im 11. Jhd. und ab dann galt 10 Grad westlich von Bagdad als Referenz. Auch die Azoren, selbst Brüssel wurde als Nullmeridian herangezogen.

Der Nullmeridian wird universell – Meridian Konferenz Washington D.C.

Um Ordnung in dieses Durcheinander zu bringen, trafen sich die führenden Nationen jener Zeit im Oktober 1884 in Washington D.C., um sich auf einen Nullmeridian zu einigen. Den pragmatischen Amerikanern war egal, wo er liegen würde, sie wollten nur einen Standard. Franzosen hingegen waren der Ansicht, der Nullmeridian müsse geradezu zwingend durch Paris laufen, etwas anderes sei gar nicht vorstellbar. Schliesslich würde im Stahlschrank des heiligen französischen National Archives in Paris bereits das „Urmeter“ („mètre des archives“) aufbewahrt, das die gesamte fortschrittliche Welt in der Meterkonvention vom Mai 1875 bereits als die universelle Standard-Masseinheit definiert hatte. Dass der Nullmeridian durch Paris zu folgen habe, eine schlüssige Sache für die Grande Nation.

Nullmeridian des Ptolemäus – Punta de Orchilla El Hierro.

Nullmeridian des Ptolemäus – Punta de Orchilla El Hierro.

Doch die Fakten sprachen wie so oft gegen die Gefühle der sich so gerne selbstüberschätzenden Franzosen. Der Grossteil des nautischen Kartenwerkes bediente sich Greenwich als Nullmeridian. Das Empire war die führende Handels- und Seemacht und so machte der Nullmeridian von Greenwich das Rennen als universelle Lösung. Der Zero Meridiano des Ptolemäus, definiert am Punta de Orchilla auf El Hierro als erster Nullmeridian der Menschheit, hatte somit im Oktober 1884 vollständig ausgedient. Heute ist er nur noch Touristen Ausflugsziel, gekennzeichnet von einem kleinen Denkmal. Wirklich los ist dort nie etwas. Das einsame und entlegene El Hierro begrüsst jährlich nur knapp 40 tsd. Besucher und nur wenige dieser machen sich die Mühe Kap Punta de Orchilla zu besuchen. Eine kleine Wanderung ist auch noch angesagt. Vorfahren nur im 4×4  und da die Mietwagen Unternehmen diese nicht im Programm haben, müssen Touristen wandern. Eine gute Idee – es lohnt. Das Gefühl an diesem so bedeutenden historischen Ort der Antike zu stehen, hat seine Faszination für intellektuelle Menschen. Wen das so gar nicht interessiert, der wird an diesem so extrem exponierten Ort von der einsamen und sehr aussergewöhnliche Landschaft, der endlos scheinenden Weite des Atlantiks, in den Bann gezogen werden.

Der Nullmeridian und die Zeit – GMT + UTC.

Die Einigung auf einen universellen Nullmeridian hatte nicht nur für die Navigation und Kartenwerke Bedeutung, sondern auch für die Uhrzeit. Wird ein universeller Zeitmesser gestartet, dann ist für jeden Längengrad dieses Planeten ein anderer Messwert der „wahre Mittag“, also jener Mittag, an dem die Sonne im Zenit steht. Nur ein einziger Längengrad existiert, an dem der Wert 12:00 auf dem Zeitmesser mit dem „wahren Mittag“ korrespondiert. Die „Sonnenzeit“ ist also überall eine andere und lediglich von sehr regionalem Nutzen. Der Unterschied ist nicht marginal, sondern sehr ordentlich. Wenn am östlichsten Eck Deutschlands „wahrer Mittag“ ist, dauert es noch eine Stunde, bis am westlichsten Eck Deutschlands Sonnenzeit 12:00 Uhr herrscht.

"Reloj y Calendario Solar" – komplexe Sonnenuhr im Hafen von Alicante.

“Reloj y Calendario Solar” – komplexe Sonnenuhr im Hafen von Alicante.

Das wirft für Handel, Transport und vieles mehr ein grosses Problem auf: Jeder versteht unter einer gegebenen Uhrzeit etwas anderes. Dass ohne eine universelle Zeit kein Längengrad übergreifender moderner Verkehr, Handel etc. organisiert abgewickelt werden kann, ist verständlich. Mit der Entwicklung der Eisenbahn und Zügen wie beispielsweise dem Orient Express (erstmals 5. Juni 1883 Paris – Konstantinopel) wurde das Problem erstmals dringlich.

So einigte sich die Staatengemeinschaft bei der Meridian Konferenz im Oktober 1984 auch gleich auf eine universelle Zeit. Weltweit sollte gelten, ist am Nullmeridian Greenwich „wahrer Mittag“, ist das für die ganze Welt universell 12:00 Uhr Referenz Zeit. Diese Zeit wurde GMT – Greenwich Mean Time – genannt. Zu GMT wurden auch gleich Zeitzonen definiert, denn zusammenhängende Wirtschaftsräume sollten eine einheitliche Zeit haben. Waren die Wirtschaftsräume zu gross, alle 15 Längengrade verschiebt sich die Zeit um +/- eine Stunde, erhielt der Wirtschaftsraum mehrere Zeitzonen (Beispielsweise USA mit mehreren Zeitzonen). Nur einige Länder im Nahen Osten machen bis heute nicht mit. Zur Lokalzeit müssen von der universellen Weltzeit „krumme Beträge” wie beispielsweise 6 h 20 min abgezogen werden. Keine gute Idee, um in einer globalen Welt mitzumischen.

Das Zeitzonen System unseres Planeten.

Das Zeitzonen System unseres Planeten.

Die GMT leistete bis 1972 gute Dienste. Dann wurde sie von der deutlich präziseren UTC, der Universal Time Coordinated – abgelöst, eine „Atomzeit“. Die UTC ist, wenn auch nur marginal, eine dynamische Zeit, denn Schaltsekunden gleichen die Unregelmässigkeiten der Erdumdrehung aus. UTC und das WGS84 Koordinatensystem haben für jeden handfeste praktische Bedeutung: Ohne sie beispielsweise keine präzise Navigation auf GPS Basis möglich.

Der Punkt im Raum – das Kartendatum.

Längen- und Breitengrad bestimmen nur einen 2D Punkt auf einer Karte. Um aber einen Punkt im Raum zu definieren, benötigt es auch einen sogenannten „Hochpunkt“. Der ist ein komplexes Thema, denn unser Planet ist keine Kugel, auch kein Ellipsoid, sondern ein sogenanntes Geoid. Wie wird in diesem Zusammenhang ein Standard definiert? Ein herausforderndes Problem. Die imaginäre „Erdgestalt“, die möglichst exakt den Teil der Erde abbilden soll, durch die der Null Hochpunkt einer Region optimal angenähert werden kann, ist überall eine andere Gestalt. So gab es für diesen „3D Punkt“ auch unzählige unterschiedliche „Kartendaten“. Zum Beispiel auch das Wiener Neustädter Kartendatum der K+K Monarchie, denn in Wiener Neustadt lag die längste gerade Landstrasse der Monarchie und dort konnte am exaktesten vermessen werden. Als dann USA ihr Satelliten Navigationssystem im All installierte, wurde das neue Kartendatum WGS84, World Geodetic System 1984, als allgemeiner Standard definiert. Es ist ein Ellipsoid, dass den Erdball in Summe am besten annähert. Aber auch nicht mehr.

Zum Pico Malpaso (1501 m) – der Märchenwald von Mencafete.

Zum Pico Malpaso (1501 m) – der Märchenwald von Mencafete.

Je nach Region ist das mehr oder weniger präzise. Besonders ungenau wird es in der bergigen Welt wie z.B. den Alpen. Da können auch schon mal 40 Höhenmeter fehlen. Rein auf GPS Basis dort im Nebel mit einem Hubschrauber herumzufliegen, keine gute Idee und daher auch verboten. Die gute alte Präzisions-Bussole auf den Luftdruck geeicht, liefert auch heute noch in den Alpen deutlich exaktere Höhenmesswerte und solange das WGS84 der Standard bleibt, wird das auch so bleiben. Warum werfen dann moderne Garmin Handheld Navi Geräte zu präzise Höhen in den Alpen aus? Ganz einfach: Teurere Geräte haben einen integrierten barometrischen Höhenmesser und ermitteln aus mehreren Messdaten eine sehr gute Annäherung. Wurde noch eine topografische Karte aus einer Satelliten Vermessung geladen, wird es auf den Meter genau. So fliegen auch Marschflugkörper in Bodennähe im Konturenflug dem Ziel entgegen.

Westlichster + südlichster Punkt Europas – eine Frage der Perspektive.

”Todo lo que escuchamos es una opinión, no un hecho. Todo lo que vemos es una perspectiva, no es la verdad.”, schrieb der kluge Marco Aurelio in seinen Selbstbetrachtungen. „Alles was wir hören, ist nur eine Meinung, keine Tatsache und alles was wird sehen, nur eine Perspektive und nicht die Wirklichkeit.“ Und so ist es auch mit den Extrempunkten Europas. Kommt auf die Perspektive an, was der südlichste und westlichste Punkt Europas ist. Bei entsprechender Perspektive, ist beides auf El Hierro zu finden.

Die Betrachtung nur auf Kontinental Europa beschränkt, kommen bereits Diskussionen auf. Der südlichste Punkt könnte das Kap Trypiti, Gavdos, Griechenland sein. Werden auch Europa direkt vorgelagerte Inseln als „gültig“ definiert, ist der südlichste Punkt Kontinental Europas die Isla de Las Palomas, Punta de Tarifa, Spanien. Wird Europa nicht als Kontinent sondern als politisches Gebilde gesehen, als EU beispielsweise, dann ist der südlichste Punkt im östlichen Atlantik der Punta de los Saltos, La Restinga, El Hierro, Spanien. Geografisch ist das nicht Afrika, wie fälschlich oft geschrieben, sondern die Atlantische Platte. Das ist geologisch etwas anderes, denn aus einer Hebung des Meeresboden entstanden. Wird der Indische Ozean auch für eine gültige Betrachtung  festgelegt, dann liegt der südlichste Punkt der EU im französischen Überseegebiet Réunion am Pointe de Langevin, Saint-Joseph. Und das ist dann nun wirklich der absolut südlichste Punkt der EU bei der weitest möglichen Auslegung.

La Restinga, El Hierro – südlichster Punkt der EU im östlichen Atlantik.

La Restinga, El Hierro – südlichster Punkt der EU im östlichen Atlantik.

Im Westen sieht es auch nicht viel besser aus. Wird Europa streng als Kontinent gedeutet, dann ist der westlichste Punkt Cabo da Roca, Sintra, Portugal. Im Atlantik bieten sich je nach Sicht der Dinge, nach Perspektive von Ost nach West drei westlichste Punkte an: Punta de Orchilla, El Hierro, Spanien, der Antike Klassiker, gefolgt vom historisch später als der westlichste gedeutete mit Ilhéu do Monchique, Azoren, Portugal und mit dem neuesten Datum bietet sich Pointe des Canonniers, Saint-Martin in der Karibik als französisches Überseegebiet an.

Pointe du Canonnier, Saint Martin.

Pointe du Canonnier, Saint Martin.

Nun kann sich jeder nach seinem persönlichen Geschmack, seiner Weltsicht, das entsprechende Aussuchen, denn wie sagte Marco Aurelio so treffend: Alles eine Sache der Perspektive.

Leuchtturm + Nullmeridian – Faro – und Punta de Orchilla.

Der Leuchtturm Faro Punta de Orchilla wirkt sehr alt. Dabei ist er sehr neu. Das ist durch seinen Baustil bedingt. Er entstand in der Endphase des Eklektizismus, einer Stilrichtung, in welcher der gesamte Villenbezirk „Barrio de los Hoteles“ in Santa Curz de Tenerife errichtet wurde. Eklektizismus kombiniert unterschiedlichste architektonische Epochen. Beim Faro Punta de Orchilla beispielsweise den Stil kanarischer Landhäuser und sakraler Elemente des maurischen Mudejar Stil, der in Spanien, besonders auch den Kanaren, sehr verbreitet war.

Der Faro wurde zwischen 1924 und 1933 errichtet. Der erste Leuchtturm Wärter war Carmelo Heredia Olmos, der am 25. September 1933 den Leuchtturm erstmals „entzündete“. Ihm ist nahe des Faro ein kleines Gedenkmal gesetzt. Es liegt neben der „Cueva del Faro“, einer 400 m langen Lavaröhre, die begangen werden kann. Zu sehen dort drinnen gibt es nichts ausser erkalteter Lava. Für Geologen interessant. Klaustrophobisch veranlagte Menschen schaudert es schon beim Einstieg, der komfortabel mit Treppen ausgeführt wurde.

Der Faro Punta de Orchilla ist 25 m hoch, seine Feuerhöhe beträgt aber 132 m, da er auf einer Klippe sehr einsam aber überaus fotogen in den Himmel ragt. Durch seine Westlage aber nur am frühen Morgen gut abzulichten. Höchstens er wird vom Meer aus geknipst, dann ist der Nachmittag die richtige Zeit dafür. Das „Monumento Meridiano“ ist vom Leuchtturm gut zu sehen. Als Standort für das Leuchtfeuer, dass alle 5 Sekunden ein weisses Licht aussendet, welches durch die Feuerhöhe 44 Km weit zu sehen ist, eignete sich der Nullmeridian nicht, da er in einer Senke liegt.

Fast alle kanarischen Leuchttürme wurden aber um 1880 errichtet. Madrid beschloss die spanischen Küstenlinien präzise neu zu Kartografieren und auf dieser Basis ein systematisches Netz aus Leuchttürmen aufzubauen, das die Handelsrouten sicherer machen sollte. Die Leuchttürme hatten alle das gleiche Basiskonzept, auf dem auch der Faro Punta de Orchilla beruht. Zwei Wohneinheiten, zwischen denen ein Patio liegt, denn die Regel waren zwei Leuchtturm Familien, die sich abwechselten. Dazu kam ein „aljive“, eine Zisterne und ein privates Zimmer für den Leuchtturm Techniker, der von Insel zu Insel zog und die Anlagen wartete. Erst 1992 wurde es am Leuchtturm ganz einsam – er wurde automatisiert.

Auch erhielt jeder Leuchtturm eine Mole, in diesem Fall die Muelle Punta de Orchilla. Dort wurden u.a. grosse Mengen Olivenöl angeliefert, denn im 19. Jhd. wurden die Leuchtfeuer mit diesem betrieben. Die Mole auch von grosser historische Bedeutung, da von dort aus Hierros nach Kuba, Venezuela und Puerto Rico auswanderten. Nur mit kleinen besegelten Fischerboten aus Holz setzten sie über. In der Zeit als El Hierro noch ein Lehen war (bis 1873) illegal, da sie Vasallen mit Residenz Pflicht waren. Ohne Genehmigung des Lehnsherren war das Verlassen der Insel strafbar.

Die 1924 errichtete Mole liegt in der westlichsten und einer sehr einsamen Bucht von El Hierro. Dort konnten sich auswanderungswillige Hierros leicht unentdeckt „vom Acker machen“. Die nautischen Bedingungen perfekt, mit dem Nordost Passat im Rücken und dem Kanarenstrom unter dem Kiel ging es flott, wie es einst auch Columbus tat, über den Atlantik. Die letzte Auswanderungswelle, dann schon von der Mole und legal, fand bei der grossen Dürre 1949/50 statt. Und wieder nur mit Holzbooten. Ein Grossteil erreichte Kuba und sie blieben alle El Hierro sehr verbunden. Sie stifteten den viel fotografierten „Campanario Joapira“ in La Frontera.

Der westlichste Punkte der Antike, der Punta de Orchilla, trägt seinen Namen von der „Färberflechte“, der „orchilla“ oder „Orseille“. Aus ihr lässt sich nicht, wie oft gelesen, Purpur herstellen, sondern das sogenannte „Intensiv Rot“ oder auch „Wiener Rot“ genannt. Purpur ist eine Farbe, die zwischen Blau und Rot liegt. Die Orseille war wichtiger Wirtschaftsfaktor der Kanaren. Als der Nobelpreisträger Adolf von Baeyer die chemische Farben Herstellung Ende das 19. Jhd zwar nicht erfand, sie aber grosstechnisch umsetzte, brach ein ganzer Wirtschaftszweig auf den Kanaren zusammen und löste eine lange wirtschaftliche Depression aus.

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¡Viva España! Lesetipp.

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